Alles nur gefälscht?! – Die aktuelle Sachlage zu fake journals

Wird eigentlich irgendetwas nicht gefälscht?! Man hat den Eindruck, als wäre der Damm gebrochen, denn die Liste an „Schandtaten“ in der Wissenschaftswelt wächst beständig.

In einem meiner letzten Blogbeiträge beschrieb ich die Praxis zu fake conferences einzuladen und wie Sie sich davor schützen können. Ein weiteres, Ärgernis der letzten Jahre sind fake journals, die – ein kleiner Treppenwitz der Geschichte – allem Anschein nach häufig von eben diesen BetreiberInnen der fake conferences betrieben werden.

 

Wo sind die Gegenwerte abgeblieben?

Fake journals (auch predatory journals oder predatory publishers genannt) bestechen darin, dass sie schwer als solche erkennbar sind. Meist haben sie plausibel klingende Namen mit dem nötigen „akademischen Touch“, weil sie Logos bestehender Journale klauen oder nachmachen.

Reichen WissenschafterInnen ihre Arbeiten üblicherweise bei Journalen ein, erwarten Sie selbstverständlich zuvorderst Veröffentlichungen. „Na no na ned!“ würden wir WienerInnen dazu sagen (etwa: „Ist doch klar!“). In wissenschaftlichen Journalen bedingt das zugleich, dass Ihre Publikation auch das Peer Review (Begutachtungsprozess durch ExpertInnen) durchlaufen hat. Das wäre der wichtigste Gegenwert – Fachmeinungen zu ihrer Arbeit zu bekommen, gegebenenfalls Fehler auszubessern und zu überarbeiten.

Meist ist weder das eine noch das andere bei fake journals gegeben! Sehr ärgerlich! Sie haben als WissenschafterIn die ganze Arbeit, aber keinerlei Gegenwert! Bei manchen fake journals werden Sie womöglich sogar veröffentlicht, doch kann man sich auch darüber nicht freuen, denn diese Journale sind selbstverständlich nicht „gerankt“ (haben keinen Impact Factor aufzuweisen). Total nutzlos also, ein herber Verlust für Ihren Lebenslauf!

 

Weitreichende Folgen für AutorInnen und die scientific community

Abgesehen von der vielen Arbeit, die eine Veröffentlichung ohnehin schon mit sich bringt, schauen Sie in den Fängen von fake publishern allerdings nicht einfach nur durch die Finger. Sinn und Zweck dieser Betrugsart ist das Abkassieren von Publikationsgebühren. Die Rechnung ist einfach: Je mehr Forschende in die Falle gelockt werden, umso mehr kann abgesahnt werden und bei teils bis zu 1000 US-Dollar pro Artikel, die herkömmliche Journale verlangen, kann man mit Ahnungslosen oder Unvorsichtigen hier eindeutig den großen Reibach machen.

Bei geschätzt an die 30.000 aktiven wissenschaftlichen Journalen weltweit kann man den Überblick leicht verlieren, welches Journal gut und korrekt arbeitet und wovon man besser die Finger lassen sollte. Auffällig wurden etliche fake journals erst, als man manchen durch Plagiatsprüfungen zahlreicher Artikel nachweisen konnte, dass sie wirklich jeden Quatsch veröffentlichen, Hauptsache das Geld stimmt.

Ein frustrierter Kollege ging sogar soweit einen Test und damit auch ein warnendes Exempel zu statuieren: Er reichte einen Artikel ein, der bis auf die Zeile „Get me off your fucking mailing list“ nichts weiter enthielt. Es wurde tatsächlich veröffentlicht, wie hier geschildert wird.

Leider sind nicht nur einzelne AutorInnen von dieser betrügerischen Praxis betroffen, die Ihre Artikel danach nicht einmal ruhigen Gewissens in ihre Publikationsliste schreiben können! Durch die Pflicht und den Wunsch FachkollegInnen und deren Arbeit zu würdigen, werden mitunter auch Artikel aus fake journals zitiert (auch wenn diese glücklicherweise meist nicht in Indices und Datenbanken gelistet werden). Sowohl Ihr Text leidet unter diesen „minderen“ Zitaten, aber auch andere KollegInnen können böse getäuscht werden, indem sie diese Zitate wiederum verwenden.

SO kann es jedenfalls NICHT weitergehen!

 

GRRR!!(Abb. “GRRR!! von Josua Byrd @Flickr)

 

Fake journals Einhalt gebieten

Nun wird es allerdings kurios, um nicht zu sagen bedenklich: Einige besorgte WissenschafterInnen haben begonnen sich gegen diesen schamlosen Betrug zu wehren und haben Listen verdächtiger Journale angelegt, um KollegInnen zu warnen. Allen voran Jeffrey Beall, der bis vor kurzem schon an die 900 fake journals gesammelt hatte!

Leider ist Bealls Liste plötzlich offline gegangen, er selbst agiert gar nicht mehr öffentlich. Wurde er bedroht seine Arbeit einzustellen? Erpresst? Da ist etwas sehr faul und nicht nur im Staate Dänemark! Ich werde diese Geschichte jedenfalls weiterverfolgen und über Neuerungen in dieser Sache berichten.

 

Wie können SIE sich vor fake journals schützen?

Größte Vorsicht ist vor Einladungen in einem Journal zu publizieren geboten, die Sie in Ihrem E-Mail-Postfach vorfinden sollten. Meist sind wie erwähnt die Namen der fake journals durchaus plausibel, auch Logo und Anschreiben wirken authentisch … weil sie wahrscheinlich von echten Journalen geklaut bzw. plagiiert wurden!

Meine Empfehlungen lauten:

  • Wenn Sie die EditorInnen dieses Journals nicht persönlich kennen, dann ignorieren Sie diese Einladung getrost – es ist Spam! Überlegen wir kurz, was die Aufgabe von EditorInnen ist – das Koordinieren! Einladen werden sie AutorInnen nur selten, wenn, dann wohl am ehesten jemanden, den sie kennen oder deren Arbeit sie sehr gut kennen. Nicht unmöglich aber unwahrscheinlich plötzlich eine Einladung zu einem Verfassen eines Artikels zu bekommen.
  • Schreiben Sie die genannten EditorInnen gegebenenfalls direkt an, aber unbedingt über deren E-Mail-Adressen an Hochschulen, NICHT über die Kontaktadressen, die die dubiosen Journale angeben. Wie bereits von zahlreichen KollegInnen berichtet wurde, kopieren viele fake journals auch wohlbekannte Namen in ihr editorial board, aber die Genannten wissen nichts von ihrer grenzenlosen Ehre.
  • Wertvolle Warnungen kommen von weiterhin unermüdlichen KollegInnen, die neue Listen aus ihrem Fachbereich erstellt haben, bzw. auch über Meldungen des Twitter-Accounts @fakejournals und gelegentlich auch durch Artikel des wissenschaflichen „Watchdogs“ „Retraction Watch“.
  • Sollte Ihr Artikel ohne (größere) Zeitverzögerung und ohne besonderes Feedback von GutachterInnen angenommen worden sein, ist etwas faul. Fragen Sie umgehend nach und überlegen Sie eine freiwillige Rückziehung der Arbeit, um sich zu schützen!

Noch weiter in die Tiefe der Materie gelangt die Wissenschafterin Erin Zimmermann. Sie empfiehlt in ihrem Artikel weiters:

  • Die ursprüngliche Liste von Jeffrey Beall ist noch in einer Archiv-Version verfügbar. Zwar wird sie nicht mehr upgedatet, sehen Sie trotzdem darin nach, ob sich ein Journal hierauf befindet – sicher ist sicher.
  • Die Kriterien zur Erhebung der Qualität von Journalen, die Beall zur Erstellung seiner Liste angewandt hat, finden Sie hier. Finden Sie bei einem Journal einige der Punkte schwer vernachlässigt, könnte das ein wichtiges Warnsignal sein!
  • Gehen Sie in namhaften Datenbanken den Informationen nach, die Sie über ein Journal erhalten haben. Sind sie dort nicht indiziert, kann das ein wichtiger Hinweis sein.
  • Für Open Access-Publikationen empfiehlt Zimmermann im Directory of Open Access Journals nachzuschlagen, um möglichen schwarzen Schafen nicht auf den Leim zu gehen).

 

Weitere interessante Links

Kollege Uli Herb arbeitete schon Ende 2015 an allen fakes in den Wissenschaften gründlich ab. Spannend sind hier besonders die Fundstücke, dass doch etliche fake journals sogar indiziert sind, und sein Hinweis, dass die Wissenschaften nicht so sehr in der Bredouille wären, wenn das Prinzip “Publish or Perish” nicht so stark vorherrschen würden.

http://theconversation.com/why-you-should-care-about-the-rise-of-fake-journals-and-the-bad-science-they-publish-72130

http://www.cdnsciencepub.com/blog/how-to-keep-your-research-out-of-fake-journals-and-scam-conferences.aspx

http://www.newyorker.com/tech/elements/paging-dr-fraud-the-fake-publishers-that-are-ruining-science

 

 

 

 

Artikel von Natascha Miljković, 10. Mai 2017

© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2017.
© Abbildungen: wie angegeben.

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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