Aus der Praxis – Welches Plagiatsprüfprogramm ist “gut”?

Für mich ist es seit langem nur noch ein Randthema meiner Tätigkeit, doch es wird immer wieder dazu nachgefragt: Plagiatsprüfprogramme. Ich stehe ihnen nicht unkritisch gegenüber, wie Sie als treue LeserInnen meines Blogs bereits wissen (siehe hier und hier und hier). Vielleicht verwundert Sie das, schließlich lebe ich unter anderem davon diese Tools zu verwenden. Ganz verurteilen oder gar verteufeln werde ich sie ohnedies nie. Nicht, weil ich notwendigerweise der Meinung bin, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen würden, das müsste im Einzelfall gründlich geklärt werden.

Mein Credo lautet lediglich diese Hilfsmittel immer nur als das anzusehen, was sie sind – HILFSmittel! Sie können BearbeiterInnen NICHT ersetzen, sie können den BearbeiterInnen nur zuarbeiten helfen. Ganz abgesehen davon, dass Sie gar KEINE(!) Plagiate(!) anzeigen (sondern Textähnlichkeiten), finden Sie niemals alle Textähnlichkeiten. Außerdem wäre es mehr als angebracht, sie endlich wieder für das zu verwenden, wofür sie ursprünglich entwickelt wurden – für die Schreibdidaktik. Sie kennen das schon, ich predige es ja oft genug.

meh((c) Abb.: “meh” von Rick Harris @Flickr)


Welches Prüfprogramm ist “gut”?

Eine Frage, die mir in diesem Zusammenhang ebenfalls häufig gestellt wird ist, welches der mittlerweile zahlreichen Tools man am besten verwenden solle. Nun muss ich Sie einmal blank enttäuschen – auf diese Frage lässt sich weder eine schnelle noch eine klare Antwort geben!

Hochschulen, die überlegen etwas zu verbessern, ein Programm zu wechseln bzw. eines ganz neu einzuführen, sei zumindest soviel verraten: Es benötigt genau ausgearbeiteter Strategien wie, wann, von wem und besonders WOZU solche Plagiatsprüfprogramme eingesetzt werden sollen, um gut fundierte und stimmige Entscheidungen treffen zu können.

Prävention von akademischen oder wissenschaftlichen Unredlichkeiten ist als LANGfristiges und MEHRteiliges Unterfangen anzusehen. Nur Software zu haben und irgendeinmal im Studium – salopp gesagt – einen Zitationsstil zu zeigen und zu sagen, wie sie Fussnoten setzen müssen, das wird nicht reichen.

Gerade auf die langfristig angepeilten Ziele kommt es bei der Prävention sehr an, weniger auf die jeweiligen Funktionen der Programme. Einen guten Überblick über die Funktionalität solcher Programme finden Sie unter anderem bei Professorin Debora Weber-Wulff (ihr laut ihrer Website aktuellster Test von 2013 ist hier nachzulesen) und ihren Testberichten von Plagiatsprüfprogrammen.


Wogegen wird abgeglichen?

Sehr entscheidend sind dann besonders auch die Art und Zusammensetzung der Referenzquellen, die im Hintergrund der Programme laufen und das Herzstück der Plagiatsprüfungen sind, an. Darüber erhält die/der UserIn jedoch selten genauere Auskünfte, ein Punkt, der häufig und nicht nur von mir kritisiert wird.

Es können zum Beispiel (im Idealfall) folgende Referenzen sein:

  • Archive von anderen Hochschulen , die mit dem jeweiligen Programm ebenfalls Studierendenarbeiten überprüfen,

  • Ihr eigenes Archiv, eines, das Sie aufbauen, indem Sie das Programm aktiv verwenden und Dokunente darin einspeisen, bzw. bestehende Sammlungen (in beiden Fällen stellt sich hier die Frage des ausreichenden Datenschutzes),

  • ebooks und ejournals,

  • natürlich das Internet insgesamt, sprich Websites,

  • Archive von Bibliotheken und Institutionen,

  • wenn Verträge mit Verlagen bestehen auch Artikel hinter Journal-Paywalls und so weiter.

 

Warum es wurscht ist – Suche nach Anhaltspunkten

Erfahren werden Sie fast immer nur ungefähr, wie viele dieser Quellarten zum Vergleich zur Verfügung stehen, nicht jedoch welche: Ob überhaupt Referenzquellen aus den von Ihnen hauptsächlich betreuten und approbierten Fachgebieten enthalten sind, wie viel davon und wie aktuell, das kann man nie abschätzen. Man hofft also, das genug gefunden wird … oder verlässt sich auf die Erfahrung (also muss gelegentlich 2, 3 Programme testen und miteinander vergleichen, siehe oben). Aber es ist dennoch wurscht! Ja, das ist mein Ernst! Ganz einfach darum, um hier den Bogen wieder zu schließen, weil Sie für die Erfüllung Ihrer Präventionsstrategien NICHT absolut ALLE Fundstellen finden müssen!

Sinnvoll wird sowohl eine stichprobenartige wie auch eine flächendeckende Plagiatsprüfung an einer Institution nur, wenn man sich wie gesagt über diese eigene Strategiesetzung bestmöglich klar ist. Ist eines Ihrer Ziele z.B. „bessere“ Abschlussarbeiten zu bekommen, müssen Sie/muss Ihre Hochschule Studierende VIEL früher mit wissenschaftlicher Literatur und Literaturarbeit in Berührung bringen, mehr Texte verfassen lassen, mehr wissenschaftliche Argumentation verlagen, und natürlich damit einhergehend auch mehr konstruktives Textfeedback geben. Eine Überprüfung nach(!) Abgabe bringt Sie hier nicht weiter! Es ist nur eine letzte Kontrollwarte, damit nicht schrecklich schwarze Schafe durch die Lappen gehen und eine Institution sich herb blamieren würde.

Ist Ihr Ziel jedoch tatsächlich alle kritischen Stellen zu analysieren, sollten Sie dringend einen Schwall TextanalytikerInnen und -GutachterInnen einstellen, Plagiatsprüfprogamme anzuschaffen macht dafür wenig Sinn. Ihre Ziele (mittel- und langfristige) bestimmen, was Sie benötigen!

That’s why …

Darum ist es meiner Ansicht nach ausreichend Anhaltspunkte(!!!) für mögliche Zitierprobleme in Texten zu finden, bevor diese veröffentlicht oder approbiert werden. Anhaltspunkte! Es reicht sich ein gutes Bild über die Verwendung von wissenschaftlicher Literatur der/des jeweiligen Schreibenden machen zu können, um konkreter anleiten zu können, wo es noch hapert. Ob Sie dafür 5000 oder 6356 Referenzstellen durchsehen müssten, ist völlig unerheblich.

Im Umkehrschluss ist natürlich auch klar, dass so viele Anhaltspunkte als möglich gefunden werden sollten, um sich ein gutes Bild von der Lage machen zu können. Aber das ist wieder eine andere Geschichte …

Meine Services zu diesem Thema

Für die Auswahl eines geeigneten Plagiatsprüfprogrammes biete ich Hochschulen und Verlagen meine Expertise gerne an. Kontaktieren Sie mich hierfür – selbstverständlich unter absoluter Verwiegenheit und völlig unverbindlich.

Artikel von Natascha Miljković, 01.02.2017

© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2017.
© Abbildungen: wie angegeben.

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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