Online und interaktiv zu lernen, wo und wann man will, ist seit einigen Jahren der wohl größte Trend im Bildungswesen. In Österreich dauert es noch ein wenig, bis sich dies auch für die Allgemeinheit durchgesetzt haben wird. Für die Ausbildung ihrer Studierenden vor Ort sind unsere Hochschulen jedoch auch hierzulanden im e- und m-learning schon gut fortgeschritten.
Weltweit bieten zahlreiche sehr namhafte Hochschulen seit Jahren zumeist völlig kostenlos bzw. sehr kostengünstig MOOC (= massive open online courses) an. Neben kurzen Kursen, um mehr Informationen zu einem spezifischen (wissenschaftlichen) Thema zu bekommen, können mit dieser Methode natürlich auch ganze Studien abgeschlossen werden.
Informationen zu den Angeboten kann man sowohl über die jeweiligen Hochschulen direkt bzw. über verschiedenste kooperierende Plattformen wie der hier vorgestellten „FutureLearn“ (* Disclaimer – siehe unten) beziehen, die von der weithin bekannten Open University begründet wurde.
(Abb.: Logo der Plattform FutureLearn; (c) FutureLearn)
Erste Eindrücke zur Plattform und den MOOCs
Zu Jahresbeginn habe ich selbst erstmals an einem solchen MOOC teilgenommen, nachdem ich aus purem Zufall auf „FutureLearn“ einen Kurs über akademische Integrität entdeckt hatte – eine solche Gelegenheit musste ich einfach beim Schopfe packen! Noch ist es schließlich außergewöhnlich ein so komplexes Thema in der Öffentlichkeit angeboten zu bekommen.
Nach einer sehr raschen und einfachen Registierung auf der Plattform, kann man sich sofort zu den Kursen anmelden. Die Auswahl ist wahrlich riesig: von Astrophysik bis zu Robotics, über Philosophie bis zu alten japanischen Kunstwerken, Kenntnisse über das Modebusiness bis hin zu Hirn-OPs u.v.m. kann man aus dem Vollen schöpfen. Vorkenntnisse sind meist überhaupt nicht nötig, einziges Kriterium ist das eigene Interesse. In dieser Hinsicht wären die MOOCs tatsächlich sehr demokratisch und könn(t)en auch „bildungsferne“ Randgruppen erreichen.
Regelmässig starten etliche Kurse, oft sind auch die Startdaten für den Durchgang danach schon bekannt gegeben. Da das Kursdesign einen Einstieg jederzeit ermöglicht, man Frequenz und Intensität komplett selbst bestimmen kann, kann allerdings auch in bereits gestartete Kurse problemlos eingestiegen werden. Man muss den nächsten Durchgang also nicht einmal abwarten, wenn man nicht möchte.
Je nach persönlichen Vorlieben bekommt man nach Anmeldung zu einem Kurs entweder per E-Mail bzw. über die Nachrichtenfunktion der Plattform weitere Informationen zum Kurs zugesandt und man kann an einer Umfrage teilnehmen, welches Vorwissen man bereits hat und welche Motivation es gibt mitzumachen. Eine nette Vorbereitung, fand ich.
Tatsächlich ist der Kurs kostenlos, wer dies möchte oder beruflich benötigt kann sich nach Abschluss des Kurses um rund 40€ ein Zertifikat über die erfolgreiche Absolvierung bestellen. Happig für ein Blatt Papier und Porto, aber na gut, irgendwoher muss schließlich ein wenig Geld reinkommen.
Meine Meinung zum academic integrity MOOC
Der von mir gewählte Kurs über mein „Leibthema“ dauerte vier Wochen lang. Erstellt und veranstaltet war er von Lehrenden der University of Auckland in Neuseeland. Der Kurs fand wie in der Natur von MOOCs liegt ausschließlich online statt und war eine gute Mischung aus kurzen Videos, Online-Artikeln, Online-Diskussionen und einigen Mini-Quiz.
Inhaltlich wurde meiner Meinung nach alles Wichtige zum Thema angesprochen: in Woche 1 kam neben der Vorstellung des Kurses, der Funktionen der Plattform und des Lehrendenteams unter anderem auch eine Definition von akademischer Integrität und wichtige Werte an Hochschulen zur Sprache.
In der zweiten Woche standen verschiedene Arten von akademischen Unredlichkeiten am Programm, natürlich besonders die Plagiate, außerdem wie und wo Studierende Hilfe bekommen können (zum Beispiel, wenn sie bei einer Hausübung keine Literatur finden können), um Unredlichkeiten unbedingt zu vermeiden. Weiters waren die Themen Gruppenarbeiten fair gestalten, keeping evidence (also Tipps zu Literaturverwaltung und Notizenmanagement) und Gründe, warum manche Menschen betrügen, dran. Ein interessantes Konzept!
In Woche 3 wurde besprochen, wie man Werke anderer korrekt verwenden sollte – also alles Relevante zum Zitieren, Referenzieren, Paraphrasieren und Zusammenfassen in aller Kürze sowie die wichtigsten Informationen über Zitierstile.
In der vierten und letzten Woche wurden andere wichtige Skills für Studierende besprochen, beispielsweise wie man sich seine Zeit für das Studium besser einteilen (klassisches Projekt- bzw. Zeitmanagement also), wie effizienter lernen und lesen, gut mitschreiben, sich in Gruppen mehr einbringen und sich auf Tests und Hausübungen besser vorbereiten kann.
(Abb.: Beispiel für die Kursoberfläche eines MOOCs bei FutureLearn; (c) FutureLearn)
Positive Aspekte des Kurses
Meiner Meinung nach ist die Aufbereitung wie auch die Auswahl an Aspekten dieses sehr umfangreichen Themas richtig gut gelungen. Alles ist sehr einfach und wirklich sehr gut verständlich erklärt worden!
Themen, die ich mir nicht erwartet hätte in so einem Kurs zu finden, waren unter anderem die Anerkennung, dass der Übergang von Schule zu Hochschule, das noch ungewohnte weg von zuhause und der Familie sein, eine sehr schwierige und belastende Zeit für viele Studierende sein kann. Das wird meiner Meinung nach für gewöhnlich völlig unterschätzt.
Sehr nett waren auch die Videos, in denen Szenen aus dem Unialltag von Studierenden nachgestellt wurden. Das hat das Format sehr aufgelockert und viele TeilnehmerInnen werden sich sehr direkt angesprochen gefühlt haben.
Endlich hat es jemand verstanden, WIE wichtig es ist anzusprechen, warum(!) man zitieren soll. Gut so, das hat mich wirklich gefreut!
Negative Aspekte des Kurses
Obwohl ausdrücklich auch postgraduate und doctoral students als Zielgruppe für diesen Kurs genannt sind, ist die Kursausrichtung leider NUR für sehr unerfahrene, junge Studierende nützlich. Als ersten Orientierung im Thema eignet es sich auf jeden Fall, aber nicht für Erfahrene. Da müsste die Zielgruppe deutlich nachgeschärft oder Erweiterungsangebote für Erfahrenere geboten werden.
Thematisch hat das Thema Zeitmanagement für Studierende als Vermeidungsstrategie mehr als andere Tipps anzusprechen in in diesem Kurs nicht so viel verloren. Da hätte ich es deutlich sinnvoller gefunden, wäre noch mehr zu critical reading gekommen.
Persönliches Fazit
Allgemein fand ich mein erstes Erlebnis mit einem MOOC interessant und lehrreich, restlos begeistert bin ich davon jedoch nicht! Zum Einen, weil das Lernpensum in diesen Kursen, obwohl ausdrücklich angeschrieben, für erfahrenere Leute von vorneherein viel zu niedrig angelegt ist (in offiziell nur einer Stunde workload pro Woche kann einfach nicht viel enthalten sein).
Andererseits liegt meiner Meinung nach der größte Mangel in der wenig ergiebigen Kommunikation, dem Austausch zum Thema sowohl mit anderen wie auch den Lehrenden, die die Foren während der Laufzeit des Kurses mit betreuen. Natürlich kann auf 17.000 TeilnehmerInnen (und bei anderen Themen auf noch zig 10.000e mehr!) nicht individuell eingegangen werden. Doch auch wenn ausdrücklich eine Online-Diskussionen angeregt wurde, kam durch andere TeilnehmerInnen meist nur viel Allgemeines zur Sprache. Sind Aufgaben zu machen, kann man auch diese wie ein Kommentar auf Facebook ins Forum des jeweiligen Kurses posten. Meist gibt es ein paar Likes von anderen TeilnehmerInnen, das kennt man aus sozialen Medien, inhaltlich kommen jedoch nur äußerst selten Anmerkungen. Da könnte mehr gehen, vielleicht lag es aber auch an der kurzen Laufzeit oder dem eher spezielleren Thema, dass nicht viel diskutiert wurde.
Auch wenn ich noch nicht viel zu einem Thema weiß (ich habe danach auch noch in andere MOOCs geschnuppert, die nichts mit meinem Fachgebiet zu tun haben), sind die Lerneffekte nur bescheiden: durch das Ankreuzeln von einer von drei möglichen Antworten bei drei Fragen in einem gelegentlichen Online-Quiz kann man nichts effizient lernen.
Mein Fazit lautet daher – MOOCs können je nach Konzeptionierung einen tollen Einstieg in ein Thema bieten, auch in sehr komplexe. Die Kursdesigns sind sehr ansprechend und gut durchdacht. Große Lerneffekte darf man sich nicht erwarten, die Vorteile durch die vollkommene Freiheit, wann man wie viel Stoff durchnehmen möchte, sind jedoch nicht zu verachten.
Wenn Sie sich selbst ein Bild zu diesem MOOC über academische Integrität machen möchten, der nächste Kurs startet am 3.10.2016 (Information und Registrierung). Über 6 Wochen verteilt bekommen Sie basale Informationen in Form von Videos, Artikeln und kurzen Quiz in der online-Plattform zur Verfügung gestellt (Workload 1 Stunde/Woche).
(* Disclaimer: ich stehe weder mit dieser noch einer anderen derartigen Plattform in privaten oder beruflichem Zusammenhang, daher spiegelt dieser Artikel ausschließlich meine persönliche Meinung zu diesem einen von mir hier beschriebenen Kurs und meinen Eindrücken von besagter Plattform im Zeitrahmen meiner Verwendung wieder und ist völlig unbeeinflusst entstanden.)
Artikel von Natascha Miljković, 28.09.2016
© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2016.
© Abbildungen: wie angegeben.
Den Plagiatpräventions-Blog der Zitier-Weise als E-Mail lesen
Mit einem Feed-Reader abonnieren
Der Wissenschaftlichkeits-Blog von Natascha Miljkovic ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz. Wenn Sie über diese Lizenz hinausgehend Erlaubnis zur Verwendung meiner Inhalte haben möchten, können Sie diese sehr gerne unter www.plagiatpruefung.at/kontakt anfragen!