Denkstück über Sinn und Unsinn der eidesstattlichen Erklärung

Spätestens dann, wenn Sie als Studierende eine Abschlussarbeit abgeben möchten, müssen Sie nach dem Deckblatt eine wichtige Passage anfügen, mit der Sie die Korrektheit aller Angaben bestätigen. In der Printversion ist diese eidesstattliche Erklärung auch zu unterzeichnen. Klingt denkbar einfach und klar.

Hier ein Beispiel der Universität Köln:

„Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne die Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form oder auszugsweise im Rahmen einer anderen Prüfung noch nicht vorgelegt worden. Ich versichere, dass die eingereichte elektronische Fassung der eingereichten Druckfassung vollständig entspricht.“ (Quelle: Universität Köln, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, entnommen von Uni Köln Leitfaden; letztes Zugriffsdatum: 6.9.2016)

 

Was ist die eidestattliche Erklärung?

Eine Versicherung “an Eides statt” ist es also, in der man bestätigt keine Plagiate fabriziert noch GhostwriterInnen engagiert zu haben und man weiss, dass man korrekt zitieren muss. Spannender Name für eine Versicherung, die üblicherweise nur vor einer rechtlich dazu befähigten Instanz abgenommen werden darf, oder.

Der Wortlaut dieser Erklärung ist im deutschsprachigen Raum sehr ähnlich. Wie man mir von Hochschulverantwortlichen einmal erklärte, ist das durch kopieren bestehender Texte anderer Hochschulen entstanden, die ein wenig abgeändert wurden. Das sei ja „nur ein Nutztext“. Hm, bei Studierenden nennt man so eine Handhabe Plagiarismus. Ist diese Methode des Textrecyclings also doch nicht sooo schlimm, oder wie jetzt?!

 

(Foto von “Arno KleineSchaars” @ Flickr)

 

Wozu soll das gut sein?

Studierende stellen sich häufig die Frage: was bringt dieser kurze Text? Und wem bringt er was? Unklar ist vielen bis zum Ausdrucken der Abschlussarbeit nämlich, welche Hilfsmittel man von Hochschulseite aus eigentlich meine. Sind hier nur technische Hilfsmittel gemeint? Oder auch Personen? Ist beispielsweise ein Korrektorat oder Lektorat auch schon „zu viel Hilfestellung“?

Da meist keinerlei Bezug zu einem konkreten Recht (Hochschulrecht, Universitätsgesetz usw.) angeführt ist, bleibt häufig auch ein Stirnrunzeln, was passieren kann, wenn doch etwas bemängelt werden würde. Welche (rechtlichen) Konsequenzen hat dieser kleine Absatz?

Hierzu findet sich fast immer auf den Hochschul-Websites konkrete Anweisungen: die Passage ist verfplichtend einzufügen (manchmal sogar bei allen schriftlichen Abgaben von Studierenden, also auch Hausaufgaben). Ohne wird die Arbeit negativ benotet. Sollte man doch irgendeines Zuwiderhandelns überführt werden, hat die Hochschule durch die fälschlich unterfertigte Erklärung mehr rechtliche Handhaben.

 

Plus : Minus

Lassen Sie mich kurz Advokatin des Teufels spielen: Ja, Hochschulen müssen sich rechtlich absichern, gar keine Frage! Wäre wünschenswert korrekt zu sein und festzuhalten nach welchem Recht. Außerdem bleibt ein großer Unsicherheitsfaktor für alle beteiligten, wie gut es um die Prävention von z. B. Plagiaten bestellt ist, melden doch viele Studierende, dass Sie nicht einmal wissen, welche Hilfsmittel nun eigentlich hier gemeint wären.

Positiv ist auch die konkrete Nennung von Zitierformen (wörtlich, sinngemäß, veröffentlicht, nicht veröffentlicht). Doch, wie viele Möglichkeiten zum Üben des wissenschaftlichen Arbeitens und Schreiben hatten die Studierenden zuvor? Wäre es nicht sinnvoller Studierende anführen zu lassen, wie viele Texte sie vor dieser einen schon zu verfassen hatten, wer ihnen darauf konkretes Feedback gab und dergleichen?

Lobenswert und wichtig ist es einzudämmen, dass diverse Arbeiten für Lehrgänge und Studien mehrfach angerechnet werden können. Leistung muss erhalten bleiben, für zwei Studien eben zwei Mal Leistung! Hier gab es in der Vergangenheit mancherorts zu viel Schindluder.

Und zu guter Letzt eine große Sorge – welche Absicherung haben Studierende, zum Beispiel bei mangelnder oder mangelhafter Betreuung?

 

Genauer betrachtet ist diese Passage also doch nicht ganz so einfach zu verstehen und bietet reichlich Diskussionsbedarf. Schreiben Sie mir, wie Sie über die eidesstattliche Erklärung denken und was man Ihrer Meinung nach verbessern könnte!

 

 

Artikel von Natascha Miljković, 07.09.2016

© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2016.
© Abbildungen: wie angegeben.

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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