In der kürzlich erschienenen Wissenschaftsbeilage “Heureka” der österreichischen Zeitschrift “Falter” (Falter Heureka 17/ 13, S. 21) las ich eine interessante Kolumne mit dem Titel „Weg mit Doktor!(2013)“. In der zweiten Hälfte wird insbesondere auch auf die Plagiatskandale eingegangen. Hier mein Leserbrief dazu:
Eine Titelverteidigung
Bei der Führerscheinprüfung fallen jedes Jahr tausende FahrschülerInnen durch. Schafft man deswegen die Führerscheinprüfung ganz ab? Oder prüft nur noch praktisch anstatt auch die vielen so lästige Theorie? Freilich nicht.
Ansehen und Respekt liegt wie vieles andere auch im Auge der BetrachterInnen und deren moralischem Verständnis. Also an der Gesellschaft an sich.
Freistetter hat sicherlich recht damit, dass in Österreich und Deutschland im Allgemeinen den Titeln (richtigerweise: im Falle des Dr. handelt es sich um einen akademischen Grad!) sehr viel mehr Gewicht beigemessen. Zumindest mehr als anderswo.
Vergleiche mit Übersee zeigen: In den USA sind auch lang gediente ProfessorInnen sehr rasch auf Du und Du und wollen mit Bill, Mike oder Beth angesprochen werden, anstatt mit Herr Professor, Herr Doktor oder Frau Diplomingenieurin. War zählt ist die Leistung und das Können, dafür bekommt man zumeist auch ausreichend gesellschaftliche Anerkennung.
In Österreich und Deutschland dürfte es sich meines Dafürhaltens bei der angeprangerten „Titelgeilheit“ um ein Überbleibsel aus monarchistischen Zeiten handeln. Und gehalten hat es sich wohl, da in unseren Gefilden echte Leistung und Können selten wirklich gewürdigt werden.
Nur, was hat dieser spezielle gesellschaftliche Umstand mit der Wissenschaft und den geforderten Leistungen zu tun, die für einen Doktorgrad von nötigen sind?
Freistetters Argumentation, dass es zum Nachweis der Leistung reiche einfach alle Prüfungen abzuschließen, ist besonders im Falle des Doktorates nicht zulässig, schließlich stellt die Doktorarbeit den Nachweis dar, als WissenschafterIn arbeiten und Forschungsergebnisse darstellen zu können!
Der eigentliche Brotjob von WissenschafterInnen ist das Publizieren und genau das soll man bis zum Ende der Dissertation gelernt haben. Ich wüsste keine andere Form von Prüfung, die diese skills ansonsten umfassend abbilden könnten.
Dass manche wenige diese Nachweise auf betrügerische Art und Weise ergattern (akademisches Ghostwriting, Plagiatskandale) zeigt meiner Meidung nach deutlich, dass man das System Doktorat inklusive Betreuungsverhältnisse modernisieren muss.
Doch abschaffen? Das würde meiner Ansicht nach Betrugsabsichten im akademischen Umfeld noch mehr Tür und Tor öffnen!
Bedenken sollte man auch: Die Plagiatskandale der letzten rund drei Jahre hatten in Deutschland (und z.T. auch in Österreich) PolitikerInnen und andere bekannte Personen im Visier. Hier geht und ging es nie um die Prävention von akademischem Fehlverhalten, noch um Verbesserung von Betreuungsverhältnissen! Nachhaltig voranbringen tun diese Skandale die Wissenschaftswelt kaum.
Tatsächlich sind durch die Skandale Universitäten, Betreuende und Studierende gleichermaßen verunsichert worden.
Natürlich, wer bewusst betrogen hat, soll auch, den herrschenden Gesetzen gerecht werdend (und die sehen nun einmal derzeit keine Verjährung für Plagiate und Co. vor), dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Den Fokus der Wissenschaftswelt für all ihre Plagiatpräventionsmaßnahmen sehe ich jedoch ganz klar nicht im exzessiven plagiatprüfen oder abschaffen von Systemen!
Leserkommentar von Dr. Natascha Miljković
(Naturwissenschafterin, Wissenschaftsberaterin, Projektmanagerin und Plagiatsprüferin)
Subscribe to Plagiatpräventions-Blog der Zitier-Weise by E-Mail
Mit einem Feed-Reader abonnieren
(Beitrag vom 22. Mai 2013)
Pingback: Das regt mich auf! – Integrität muss (wieder) etwas zählen - Zitier-Weise
Pingback: Schreib mir meine Arbeit! - Vorteile akademischer Ghostwriter