Filmrezension “The Words” – Ghostwriting künstlerisch aufbereitet

Im Zuge eines jüngeren Facebook-Postings („Plagiate kosten Karrieren“) und meinen Vorbereitungen zu Konsequenzen von wissenschaftlicher Unredlichkeit für diverse Vorträge und Workshops, bin ich auch auf diesen Film aufmerksam geworden.

 

 

„The Words – by me.“

Alleine schon das ziemlich ungewöhnliche Thema für einen Hollywoodfilm, nämlich nicht-industrielles Copyright-Infringement und Ghostwriting, fällt auf. Außerdem besticht „The Words“ (2012) dann auch noch mit einem Cast wie aus dem ‘Who is Who’ der Hollywood-(Jung-)Stars.

 

Die Hauptrollen spielen der charismatische und meiner Meinung nach recht talentierte Bradley Cooper („Hangover“, „The Silver Lining Playbook“) und die ebenso bekannte Zoe Saldana („Avatar“, „Star Trek“) als junges Ehepaar Rory und Dora Jensen. Daneben kommen „alte“ Größen der Filmwelt (Jeremy Irons, Dennis Quaid), wie auch relativ bekannte NebendarstellerInnen (J. K. Simmons, Olivia Wilde) vor.

 

Die ansprechende story-in-story-in-story-Erzählweise mit dem Autor des Buches „The Words“, Dennis Quaid als Clay Hammond, bringt uns sofort mitten in das titelgebende Buch hinein: Ein junger Autor erhält eine Ehrung für sein neuestes Werk. Dann beginnt ein Rückblick auf den Werdegang dieses Autors. Naiv und in Klischees verhaftet, wie ein typischer Autor arbeitet und lebt (billige Absteige, billiger Wein, kein Geld), wurstelt sich Jensen genau so durch das Leben. Zunächst bleibt er erfolglos mit seiner Schriftstellerei, ist frustriert, borgt sich zum wiederholten Male Geld vom Vater und nimmt widerwillig einen Nebenjob an.

 

“The loudest sound of all – silence”

Zu kämpfen hat Jungautor Rory mit den vielen Absagen der Verlage. Auch das gelegentliche Lob, das man ihm angedeihen lässt, ist außer kurzes Labsal für die Seele sinnlos: Er wird vor allem von seiner Frau immer wieder angetrieben weiterzumachen, aber konkretes Feedback mit Verbesserungsvorschlägen bekommt er von niemandem. Ihm dämmert, dass ein Autor auch Verkäufer sein muss und nicht nur für die Leser, auch die Literaturmanager, Lektoren und andere Verlagsleute müssen überzeugt werden. ‘Schreiben kann man nur was Leute kaufen wollen’, lässt man einen der Herrschaften im Film sagen.

 

Vielen Menschen ist nicht bewusst und bekannt, wie sehr das Schriftstellertum heroisiert und idolisiert wird. In mehr als einer Biografie berühmter AutorInnen kann man nachlesen, wie qualvoll der Prozess des Schreibens an sich ist (z.B. Joseph Heller („Catch 22“): „Jeder Autor, den ich kenne, hat Schwierigkeiten mit dem Schreiben.“). Schreiben, weder literarisch noch wissenschaftlich, ist kein Honigschlecken und bei Ersterem macht Talent alleine noch keine Brieftasche voll.

 

 

“Excepting your own limitations

Rory wird klar, dass er selbst einfach nicht die Qualitäten besitzt, die er als Autor benötigen würde, um erfolgreich zu werden. Die Angst sitzt tief, dass er es auch nicht mehr bis dorthin schaffen wird. Der schützende Ratschlag des Vaters seine Grenzen zu akzeptieren klingt bitter nach.

 

Für Rory beginnt der Durchbruch, als er in einer alten Aktentasche, die er in einem Antiquitätengeschäft in Paris während seiner Hochzeitreise gekauft hatte, ein Manuskript findet. Es gibt keinen Hinweis auf den Autor. Wort an Wort reiht sich aneinander, Einblendungen des Lebens des ursprünglichen Autors des Manuskriptes aus einer anderen Epoche zeigen einen ähnlichen Überlebenskampf, wie den, den Rory aktuell zu führen hat.

 

Zunächst nur um sich dem “Anschein des Autorentums” näher fühlen zu können tippt Rory das gefundene Manuskript ab. Tags darauf findet Dora das Manuskript des Anderen auf Rory’s Computer und hält es natürlich für Rory’s Buch. Darauf angesprochen versucht Rory den Irrtum noch aufzuklären, doch er lässt sich rasch dazu überreden es einem Agenten zu geben.

 

Irritierend ist für mich, dass er nie herausfinden versucht, wer das Manuskript ursprünglich geschrieben hat, nie nachgeforscht hat, ob derjenige es denn schon publiziert hat, noch am Leben ist, usw. Auch Rückmeldungen und Fragen von Dora zum Buch kommen nicht vor.

 

 

„… and then he met the old man“

Dann nimmt die Geschichte ihren Lauf, das Buch wird ein Erfolg und Rory berühmt. Natürlich erfährt der eigentliche Urheber von dem – seinem! – Buch unter anderem Namen und sucht Rory auf. Im Central Park eröffnet er seine Revanche.

 

In Teil zwei des Films (und des Buches im Film und der Lesung im Film) trifft der großartige Jeremy Irons als alter Mann, dem weiterhin anonym bleibenden wirklichen Autor, auf Rory. Er schmeichelt ihm, lobt wie alle anderen das Werk über alle Wolken, spielt mit ihm, bevor er ihm endgültig eröffnet, dass er weiß, was Rory getan hat. Dann erzählt er Rory aus seinem Leben, wie er als 18-jähriger Soldat in Paris von einem Freund in der Armee in die Welt der Bücher geführt wurde. Nach dem Krieg kehrt er bald wieder zurück und heiratet seine Liebste, Celia. Die eigentliche Geschichte dieses Films.

 

 

“What happened? – Life.”

Es beginnt ein dritter Erzählstrang, die Entstehungsgeschichte des Manuskriptes: Als therapeutische Maßnahme nach dem Tod der kleinen Tochter und des Unvermögens von Celia in ein geregeltes Leben zurückzufinden, schreibt sich der unbenannte Mann die Qualen von der Seele. Die einzige Kopie des Manuskripts geht verloren. Das Leben der beiden kann danach leider nicht mehr ins Lot kommen, zu tief sitzt der Schmerz über den Verlust der Tochter. Der Mann verlässt schließlich seine Frau Celia und kehrt in die USA heim. Auch die Schriftstellerei kommt nicht mehr zu ihm zurück, tief in sich zu horchen tat zu weh.

 

 

„It’s about the joy and the pain that bore those words“

Der Alte will nichts weiter von Rory, stellt keine Ansprüche, will nur klarstellen, dass es sich um sein Leben und sein Drama gedreht hatte. Angetrunken nimmt Rory seinen Mut zusammen und erzählt Dora doch die Wahrheit.

Für meinen Geschmack schwächelt hier der Film deutlich, Dora fällt sofort aus allen Wolken, hinterfragt das Geständnis – wie zuvor das Werk – kein bisschen. Das wirkt sehr unrealistisch. Durchaus vorstellbar hingegen, dass sein Literaturmanager zum Auszahlen des ursprünglichen Autors rät, aber er will bloß nichts öffentlich machen. Es würde nur schaden, aber doch niemandem nützen.

 

Rory sucht nun den alten Mann auf (plötzlich klappt’s auch mit dem Recherchieren!), um zu fragen, was der von ihm will. Vielleicht auch um sich seinen Segen zu holen?! Doch der Alte will immer noch nichts von ihm verlangen, weist seine Tantiemen zurück und will auch keine öffentliche Klarstellung – Rory soll nur seine „Schmerzen“ des Schreibens „übernehmen“ müssen.

 

Mein Fazit

Der Film „The Words“ ist mir zu sehr in den Romanzen verhaftet geblieben. Das vordergründige Thema Worte stehlen wurde leider nicht weiter behandelt, als dass es dramaturgisch lediglich einen Einstieg in das Leben des alten Mannes bot. Doch auch die Liebesgeschichte(n) entfalten sich für mich nicht wirklich schön.

 

Andere Konsequenzen unredlichen und amoralischen Benehmens – außer sich klischeeartig amerikanisch Kopfzerbrechen über „do the right thing“ zu machen – klingen nur leicht an (man wird mit den Medien Probleme bekommen, what else). Niemand in Rory’s Umfeld scheint moralisch zu sein: „Was hast Du Dir dabei gedacht?!“ ist der schlimmste Vorwurf, dem man Rory macht.

 

Spannende Anklänge an meine Arbeit als Wissenschaftsberaterin und Plagiatprüferin finde ich beim Thema formale Qualität von Einreichungen. Noch ist es relativ selten, dass eingereichte und prämierte Werke (für Preise, Auszeichnungen und Ehrungen, wie natürlich auch für Forschungsförderung) auf wissenschaftliche Redlichkeit überprüft und plagiatgeprüft werden.

 

Einen interessanten Artikel dazu gab es kürzlich in „The Scientist“ (www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/34663/title/Plagiarism-in-Successful-NSF-Proposals/).
Alles in allem ein ganz netter Film mit guten Schauspielern, für zwischendurch oder ruhige Abende zu zweit.

 

 

Subscribe to Plagiatpräventions-Blog der Zitier-Weise by E-Mail

Mit einem Feed-Reader abonnieren

follow us in feedly

(Beitrag vom 19. März 2013)

Print Friendly, PDF & Email
Tagged , , , , , , , , , , , . Bookmark the permalink.

About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

2 Responses to Filmrezension “The Words” – Ghostwriting künstlerisch aufbereitet

  1. Pingback: Wenn Geister Bücher schreiben – meine Filmrezension zu Polanskis The Ghostwriter - Zitier-Weise

  2. Pingback: Schreib mir meine Arbeit! - Vorteile akademischer Ghostwriter