Eine aufgebrachte Kundin am Telefon: „Bitte überprüfen SIE meine Masterthese! Ich habe es selbst versucht, aber ich kenne mich nicht aus damit. Was da alles an Artikeln angezeigt wird, das habe ich doch gar nicht verwendet!“
Die Anzeigen in Textvergleichsprogrammen, vulgo Plagiatssoftware, können wirklich ganz schön verwirren! Je nach Hersteller sind die Prüfberichte, die im Anschluss an die maschinelle Bearbeitung ausgestellt werden, oftmals sehr umfangreich: Listen über Listen möglicher (sic!) Quellen werden angeführt.
Nach mehr als sechs Jahren Berufserfahrung weiss ich: auf den ersten Blick offenbart sich die jeweilige Relevanz der einzelnen Fundstellen nicht! Sich durch die Anzeigen durch zu wühlen erfordert viel Zeit, es zahlt sich allerdings sehr aus wirklich genau zu schauen. Das meiste ist nicht plagiatsrelevant aber tatsächlich Relevantes kann sich leicht unter den großen Informationsmengen „verstecken“.
(Abb.: “What?” von User Formication @ Flickr)
Wie kommt es zu so vielen Anzeigen?
Gefunden wird meist alles, was mehr als drei bis fünf Worte lang ist. Und mit „alles“ ist hier wirklich alles gemeint, natürlich auch eine Vielzahl an allgemeinen Phrasen. Einige tatsächliche Beispiele aus meiner Prüfpraxis sind:
- im Bezug auf
- in den nächsten 5/ 10 Jahren wird/ werden
- unter besonderer Berücksichtigung
- kann davon ausgegangen werden, dass …
- eine Vielzahl von
- der Einfluss von
- in erster Linie
- spielte eine bedeutende Rolle bei
- zu Beginn des … Jh.
- stellt sich die Frage, ob, …
- aus diesem Grund
Diese und sehr viele andere allgemeine Formulierungen sind ein völlig normaler Bestandteil der Sprache, von Beschreibungen und des wissenschaftlichen Argumentationsaufbaus. Sie stecken daher in sehr vielen Texten – allgemeinen wie wissenschaftlichen! – und sind für viele unterschiedliche Fächer und Wissensgebiete gleichermassen nützlich.
Dadurch konnte auch die Kundin in oben beschriebenen Telefonat bei ihrem Selbstversuch eine Plagiatsprüfsoftware zu verwenden auch so viele Quellen entdecken, die sie selbst weder gesehen noch verwendet hatte – jemand anderes hatte in ihrem/ seinen Text einige ähnliche Formulierungen verwendet!
Die Erfahrung macht den Unterschied
Weiters werden viele Fachbegriffe und fachspezifische Formulierungen auch ähnlich erfolgreich aufgedeckt und angezeigt. Umbenennen unmöglich, denn Fachbegriffen sind konkrete Definitionen hinterlegt!
Bei wenigen Programmen kann man die Informationsflut selbst ein wenig eindämmen versuchen, indem man einstellt, wie lange verbatime Textelemente (also die wortwörtlichen Übernahmen) nachverfolgt und im Endbericht angezeigt werden sollen. So kann man einige dieser so genannten „false positives“ minimieren. Wirklich funktionell fand ich diese Möglichkeit leider noch in keinem von mir bislang getesten Programm.
Weitere Einflüsse auf die Plagiatsprüfung und seine Resultate (gemeint sind die Anzeigen in Form von Ähnlichkeitsprozenten, meist völlig falsch als “Plagiatsprozente” diskreditiert, und die genannten Prüfberichte) nehmen zudem auch das jeweilige Fach und seine Publikationsmengen. Je mehr publiziert wird, umso mehr Texte können mit dem eingespeisten abgeglichen werden und umso mehr ähnliche Textelemente können daher auch gefunden werden.
Erfahrungsgemäss treibt eine rege Publikationsaktivität vor allem bei medizinischen und juristischen Texten sowie bei vergleichender Sprachwissenschaft durch die fachspezifische Verwendung von deutlich mehr Texten als in anderen Fächern besagte „Plagiatszahlen“ nach oben.
Kein Verlass ohne eigene Durchsicht
Über die Güte einer überprüften Arbeit kann daher ohne gründliche(!) Durchsicht der Fundstücke nicht viel aussagt werden! Wie ich auch in anderen Blogartikeln zum Thema Prüfsoftware schon gewarnt habe: bitte verlassen Sie sich daher auch nie nur auf den maschinell erstellen Bericht!
Wenn Sie wissen möchten, wie ich Plagiatsprüfungen durchführe und was in meinen Prüfberichten zusammengefasst wird, lesen Sie bitte im Bereich Services weiter. Für Fragen zu diesem und anderen Aspekten von Plagiatssoftware stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung!
Artikel von Natascha Miljković, 12.10.2016
© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2016.
© Abbildungen: wie angegeben.
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