Jobbeschreibung – das sollten Plagiatsprüfer können

“Ich bin AUCH Plagiatsprüferin!”, begrüßte mich vor kurzem eine sehr nette Schreibtrainerin nachdrücklich. Da ich nicht viele KollegInnen* habe, war ich hellauf begeistert mehr zu erfahren und fragte gezielt nach, worin ihre Arbeit genau bestünde.

 

Wie plagiatsprüfen?

An den Antworten der Schreibtrainerin auf meine konkreten Fragen konnte ich allerdings rasch ablesen, dass es sich um eine Begriffsverwirrung handelte: Nur weil man ab und an auch Texte in ein Prüfprogramm hochladen, sich davon einen Bericht liefern lassen und damit im Idealfall ein paar Zitier-Unklarheiten für Studierende aufdecken kann,  kann man es noch lange nicht als Beruf für sich reklamieren. Nichts für ungut! Oder sind Sie, nur weil Sie in einem Flugzeug einem Niesenden neben Ihnen ein Taschentuch reichen, deshalb etwa gleich Stewart/Stewardess? Oder, weil Sie 3 Tomatenpflänzchen auf Ihrem Balkon ziehen gleich ein Landschaftsarchitekt? Eben! 😉

Ich habe mich, als ich vor Jahren zu diesem herausfordernden Arbeitsfeld kam, zunächst einmal sehr gründlich mit den wissenschaftsethischen Hintergründen, den diversen betroffenen Rechten (Urheberrechtsgesetz, Hochschulgesetzen, Verwertungsrechten), diversen Zitierstilen, Publikationspraktiken und einer Unzahl an Veröffentlichungen zu Plagiaten beschäftigt. Auch die Auswahl von passenden und qualitativ brauchbaren Plagiatsprüfprogrammen und deren jeweilige Feinheiten hat viel Zeit in Anspruch genommen. Insgesamt dauerte diese erste Lern- und Einarbeitungsphase circa ein halbes Jahr lang!

Seither habe ich aberhunderte Arbeiten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen unter Verwendung von (hauptsächlich 4 verschiedenen) Plagiatsprüfprogrammen durchforstet und ebenso viele Berichte – die meisten davon für Studierende, die ohnedies schon einen sehr sehr guten Job gemacht haben! – erstellt. Zudem teste ich immer wieder in kleinem Umfang Neuerungen der Plagiatsprüfprogramme, denn ich möchte mich bei so heiklen Dingen keinesfalls nur auf die Werbung der HerstellerInnen verlassen (no offence, guys!).

Und doch kann auch ich immer noch NICHT sagen – I’ve seen it all! Die guten Plagiatsprüfprogramme werden laufend verbessert und erweitert, es gibt immer wieder Spezialitäten und Abwandlungen bei den Zitierregeln (wenn man bedenkt, dass z. B. im Literaturverwaltungsprogramm ‘Citavi’ ca. 350 Zitierstile voreingestellt sind, können Sie sich vorstellen, dass ich nicht jeden einzelnen Fall auswendig kann, sondern durchaus auch oftmals selbst nachschlagen muss) und so manche neue rechtliche Interpretation oder Bestimmung schafft mir für die angewandte Arbeit neues Kopfzerbrechen. Aber – genau so mag ich das, das macht mir Spaß!

Ganz abgesehen gibt es auch in diesem Spezialgebiet weitere Spezialisierungen in unterschiedlichste Richtung. Und natürlich auch einige Leute, die noch VIEL länger als ich an der Arbeit sind!

 

What's In My Bag(Foto “What’s in my bag”von “Rooey202” @ Flickr)

Was muss einE PlagiatsprüferIn können?

Wenn Sie an Ihrer Bildungseinrichtung Plagiatsprüfungen einführen möchten, müssen (abgesehen von den genauen Zielen und Abläufen, auf die ich in diesem Beitrag nicht näher eingehe) einige Voraussetzungen für die Beauftragung bzw. Anstellung eineR PlagiatsprüferIn unbedingt gegeben sein. Zu bedenken ist dabei auch, dass PlagiatsprüferInnen nicht isoliert nur Texte begutachten werden, sondern auch maßgeblich in internen Prozessen beteiligt sind und eventuell auch zur Vermeidung von Plagiaten unterrichten werden sollen usw.

 

Mit im Gepäck sollten zukünftige PlagiatsprüferInnen daher diese Kenntnisse haben:

1) Erfahrene AkademikerInnen, die mit wissenschaftlichem Schreiben/Arbeiten zu tun haben, sind gewiss am besten geeignet. Ideal wäre, wenn die Betreffenden eigene Erfahrungen mit Publikationen bzw. womöglich zuvor selbst aktiv(!) geforscht haben. Das Fachgebiet aus dem diese Person stammt ist nicht unbedingt relevant, da Feinheiten der Zitierstile sowieso regelmässig nachgelesen werden müssen.

2) Das “erfahren” in Punkt 1 bezieht sich auch auf nötige Zusatzkenntnisse, die von kürzlich Graduierten meist nicht erfüllt werden. Diese wären vor vor allem handfeste Kenntnisse im Projekt- und Prozessmanagement an Hochschulen.

3) Weiters kann ein gewisser Didaktik-Hintergrund (um mögliche Herausforderungen der Lehre und Betreuung erkennen zu können und selbst Plagiatsprävention zu unterrichten), sich mit Urheber-, Verwertungs- und Hochschulgesetze beschäftigen zu wollen (man muss sicherlich keine Anwältin/kein Anwalt sein, aber Interesse an dieser Materie sollte vorhanden sein) sowie Kenntnisse über unterschiedliche Hochschulsysteme und -verwaltungen nicht schaden.

4) Man sollte wahrlich keine Berührungsängste mit Software haben und sich auch die Zeit für eine gründliche (Auswahl- und) Einarbeitungsphase nehmen können.

5) Und zu guter Letzt muss man Plagiatsprüfungen REGELMÄSSIG durchführen, das bedeutet, mehrere Arbeiten pro Tag bzw. zumindest pro Woche durchsehen! Das ist sehr wichtig für die eigene Feinjustierung, um angemessen reagieren zu können. Da nicht alle Fächer pauschal bewertet werden können (z. B. ist in den juristischen Fächern und in den vergleichenden Literaturwissenschaften mit anderen, deutlich erhöhten Levels an Ähnlichkeitsprozenten zu rechnen als in Fächern, die, wie in den Naturwissenschaften meist üblich, beispielsweise direkte Zitate eher verpönen usw.), können Plagiatsprüfprogramme sehr viele “false positives” ausgeben, die man passend interpretieren und ggf. entfernen muss.

 

Mein Fazit – So stellen Sie die richtige Person ein!

Aus den oben aufgezählten Gründen ist es meiner Erfahrung nach völlig sinnbefreit sich Halbtags-SekretärInnen oder -AssistentInnen an die meist sehr teuren Plagiatsprüfprogramme zu setzen, die eventuell gar nicht in das Hochschulsystem eingebunden sind, keine Hochschulbildung genossen haben und vorzugsweise sowieso mit anderen, administrativen Aufgaben beschäftigt sind. Mancherorts geschieht dies leider (noch) und es ist nicht nur für die Betroffenen, die so maximal eine ordentliche technische Betreuung der Prüfprogramme aber keine Plagiatsprüfung durchführen können, und auch für die Hochschulen mühsam. Ganz zu schweigen, dass es den Studierenden und dem Lehrpersonal gegenüber fast fahrlässig ist.

Auch die zum Teil gängige Praxis Plagiatsprüfungen gänzlich an Lehrenden und/oder Betreuenden abzuwälzen, ist eine unnötige Zusatzbelastung für dieses ohnehin schon mehrfach belastete Personal. Zudem ist hier die Verhaftung in ihrer anderen Funktion eventuell äußerst kontraproduktiv! Das alles hat für alle Seiten keinen Sinn, mehr Qualität bei den Abschlüssen kann nicht durch weniger Ansprüche bei der Plagiatsprüfung erreicht werden! Den Studierenden mehr Text-Feedback abgeben ja, unbedingt, aber technische Bedienung des Ganzen auch noch machen müssen – bitte nicht!

Selten besteht die Möglichkeit Plagiatsprüfungen (z. B. stichprobenartig oder bei Verdacht auf gröbere Verletzungen der guten wissenschaftlichen Praxis) an externe BearbeiterInnen abzugeben. Bei dieser Möglichkeit ist besonders auf Datenschutz und genauen Festlegung des Ablaufs und der Zuständigkeiten zu achten!

 

Für Unterstützung bei diesen Entscheidungen stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung!

 

(*Als KollegInnen zähle ich Personen, die in irgendeiner Art und Weise mit Plagiatsprüfungen zu tun haben. Als selbstständige EPU habe ich allerdings abgesehen von KooperationspartnerInnen, die ich auf meiner Website ausdrücklich nenne, natürlich sowieso keine eigenen KollegInnen!)

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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