Limitierungen der Plagiatsprüf-Programme

Die software-gestützte Plagiatsprüfung stellt seit einigen Jahren vermeintlich das non plus ultra der Plagiatprävention an Universitäten dar.

Tatsächlich eine zum Teil durchaus zeitsparende Erleichterung für die betrauten BearbeiterInnen und externen TextgutachterInnen, sind diese Plagiatsprüfprogramme jedoch kein Element der Plagiatprävention im engeren Sinne.

Die Wissenschaft der Plagiatsprävention

In der nunmehr seit 10 Jahren global etablierten Wissenschaft der Plagiatprävention erachtet man u.a. alle Verbesserungen des universitären Lern- und Schreibprozesses, sowie der wissenschaftlichen Lehre, Aufbau eines Ehrenkodex usw. als vorbeugend gegen wissenschaftliche Unredlichkeit, wozu auch Plagiatvergehen gehören.

Wie funktioniert diese Software?

Mit speziellen Algorithmen werden die in die Programme hochgeladenen Manuskripte (z.B. Abschlussarbeiten von Studierenden) einem Textvergleich unterzogen.

Als Vergleichsquellen können im Internet frei verfügbare Inhalte von Milliarden von Websites und immer auch alle in den eigenen User-Account zuvor hochgeladene Dokumente miteinander verglichen werden.

Je nach Qualität des Programms können auch nicht frei zugängliche Archive von Bildungseinrichtungen und lizensierte Datenbanken von Verlagen (v.a. wenn sie wissenschaftliche Journale verlegen) eingebunden werden.

Abgesehen von diesen mehr oder weniger professionellen Produkten gibt es auch eine Vielzahl von sogenannten „dupicate checkers“, mit denen man meist lediglich ein Dokument mit einem einzelnen Referenztext vergleichen kann. Der Nutzen ist hierbei meist nur sehr gering.

 

Welche Limitierungen gibt es?

a) Referenzlänge: Die Programme können nur 1:1-Textabgleiche durchführen. Je nach Güte des Programmes beginnen die Minimalvergleichsgrößen bei fünf bis 10 Worten. Die derzeit hochwertigsten Programme (zumeist nicht frei zugänglich, sondern nur von Bildungseinrichtungen zu lizensieren) können z.T. schon ab drei identen Worten hintereinander anschlagen.

Das häufig vorgebrachte Argument, man müsse dann doch nur jedes dritte Wort einer übernommen Quelle durch ein Synonym abändern, um die Plagiatsoftware auszutricksen, wodurch Plagiarismus sogar noch begünstigt würde, ist nicht haltbar. Wichtig ist nicht die Anzahl an Worten hintereinander, sondern die Summe an übernommenen Worten aus einem Referenztext.

 

b) Übersetzungen: Zwar wird von den Marktführern der Progammhersteller bereits fieberhaft daran gearbeitet, doch bleiben übersetzte Textpassagen weiterhin nicht per Programm detektierbar.

Übersetzungsplagiate und Einbau fremdsprachiger Textelemente in einen nicht-muttersprachlichen Text werden zumeist durch aufmerksame LeserInnen mit gutem Sprachgefühl leicht aufgedeckt.

 

c) Paraphrasieren: Die Wiedergabe von inhaltlichen Aussagen einer Quelle (paraphrasieren) ist eine gängige und grundsätzlich erlaubte Vorgehensweise, sofern die Herkunft der Aussage klar ersichtlich angegeben wird. Geschieht diese Nennung der Urheberin/ des Urhebers nicht, gilt bei der Nutzung von Plagiatprüf-Software selbiges wie unter Punkt b) beschrieben.

 

d) Akademisches Ghostwriting: Diese Nicht-Detektierbarkeit von Paraphrasen wird besonders für akademisches Ghostwriting ausgenützt. Juristisch sind die GhostwriterInnen selbst nicht zu belangen, da sie „nur Vorlagen“ anbieten und klar angeben nicht wissen zu können, was die AuftraggeberInnen mit ihrem Werk danach tun oder auch nicht.

Die Rechtslage stuft ausschließlich die Nutzung der Ghostwriting-Produkte (besonders, wenn das Werk an einer Bildungseinrichtung eingereicht wird, als wäre es das eigene) als Form schweren Betrugs ein.

 

e) Historische Quellen: Als Referenz eingebunden werden können von den Plagiatprüf-Programmen nur elektronische (bzw. nur online) verfügbare Quellen. Kommen in einem zu prüfenden Manuskript hts. nicht elektronische (zumeist historische) Zitationen vor, kann das Endergebnis der Plagiatsprüfung mangelhaft sein.

Thy Word is Truth
(Foto “Thy word is Truth” von GlasgowAmateur @ Flickr)

Gegebenenfalls muss diese unzureichende Software-Prüfung noch nachgearbeitet werden. Dazu müssen v.a. die angegebenen nicht-elektronischen Texte aus Bibliotheken (bzw. von der Urheberin/ vom Urheber des Prüfwerkes) ausgehoben, eingescannt und mittels OCR-Technik elektronisch verfügbar gemacht und in die Prüfprogramme eingespeist werden.

Falls das nachträgliche Digitalisieren nicht möglich ist, muss der Prüfbericht des Programmes durch händischen Vergleich der historischen Referenzquellen durch eine Expertin/ einen Experten vervollständigt werden. Diese Abläufe sind verständlicherweise bei allen Beteiligten sehr unbeliebt, da sie sehr zeit- und ressourcen-aufwendig sind.

 

f) Referenzvolumen und -arten: Aus Datenschutzgründen und gesichert durch das Betriebsgeheimnis der Software-Hersteller weiß niemand, welche Inhalte zur Zeit der Überprüfung letzlich wirklich als Referenzen für die jeweilige Plagiatsprüfung verwendet werden.

Aus diesem Grund gibt es zurzeit meiner Meinung nach auch keine Möglichkeit eine Garantie über Ergebnisse einer software-gestützten Plagiatsprüfung abzugeben. Der Prüfbericht der Software-Produkte stellt immer nur eine Momentaufnahme der dahinterliegenden Referenzquellen dar.

 

g) Ideen-Plagiate: Selbstverständlich kann man nicht überprüfen, wer wie auf eine Idee kam. Gegebenenfalls kannlediglich die zeitlich frühere Publikation einer Formulierung festgestellt werden.

 

h) Abbildungen: Die Plagiatsprüf-Programme überprüfen und vergleichen ausschließlich Texte (inklusive Zahlen und meist auch inklusive Symbole). Fonts, Farbe u.a. Formatierung ist dabei unerheblich. Nicht erkennen kann diese Art von Software jedoch Abbildungen jeglicher Art (Fotos, Zeichnungen, Grafiken und Tabellen, wenn diese im Fotoformat eingefügt wurden, usw.).

Dazu gibt es bereits eigene Erkennungssoftware bzw. wird (u.a. von Google) noch eifrig daran gebastelt. Diese Detektionsmöglichkeiten werden für die Branche der Plagiatsprüfungen insoferne auch relevant werden, da es weltweit zu einer Verschärfung der Urheberrechtsbestimmungen und wahrscheinlich z.T. auch der diversen Nutzungsrechte kommen wird.

 

i)Formfehler: Die Programme schlagen bei ALLEN identen Textelementen (ab mindestens drei hintereinanderfolgenden Worten, siehe oben) an. Sie kann nicht automatisch erkennen, welche Elemente sie da eigentlich entdeckt, ob es sich bei den Fundstellen um Floskeln (z.B. in der Danksagung), Literaturangaben im Fließtext oder völlig korrekt belegte, direkte Zitate handelt.

Das Ausfiltern dieser Übergenauigkeit von Textübernahmen mit tatsächlich fehlender Zitation ist die eigentliche Arbeit von PlagiatsprüferInnen o.a. betrauten Personen.

 

j) Sinnhaftigkeit: Die Sinnhaftigkeit und inhaltliche Aussagekraft der verwendeten Literatur kann nur ein Betreuender bzw. einE in dem speziellen Fach bewanderteR WissenschafterIn beurteilen. Dazu liefert die Plagiatsprüfung keine Anhaltspunkte.

 

Mein Fazit zu Plagiatsprüfprogrammen

Technisch halte ich die meisten Prüf-Programme zum größten Teil für nicht oder nur bedingt brauchbar. Die wenigen guten und sehr guten Programme finden jedoch auch für meine Arbeit regelmäßig Verwendung und sind sehr zuverlässig.


Für wirklich aussagekräftige Plagiatsprüfungen muss besonders auch die oder der damit Betraute
sorgfältig und äußerst genau arbeiten.

Dann klappt’s auch mit den Prüfprogrammen …

 

 

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(Bericht von Natascha Miljkovic, 4. März 2013; zuletzt upgedated: 7. September 2014)

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.