BLOG-SERIE: INFOS FÜR STUDIERENDE
Es wird mehr denn jemals zuvor und fast flächendeckend auch weltweit geforscht, entwickelt, befragt, analysiert. Und dann, Ergebnisse zusammen geschrieben und Studien abgeschlossen.
Da war ja noch was
Wie vorige Woche im Artikel über scheinbar geändertes wissenschaftliches Schreibverhalten bereits angesprochen, stellt sich für mich gerade eine spannende Frage:
Ändern die in den letzten Jahren an Hochschulen vermehrt durchgeführten Plagiatsprüfungen eigentlich
auch an der Art des Schreibens etwas?
„Einfach mal abschliessen” ist nun nicht mehr so einfach möglich.
Vor den Abschluss (genau genommen die Approbation) einer wissenschaftlichen Arbeit hat man nun eine neue zusätzliche Kontrollebene eingeführt. Studierende sagen häufig es sei eine weitere Hürde.
Same but different as usual
Natürlich war es immer schon entscheidend für die Qualität einer wissenschaftlichen Arbeit, ob ordentlich recherchiert wurde, ob alle Beschriftungen gemacht wurden, alle Quellen angegeben wurden usw.
Besonders software-gestützte Plagiatsprüfungen machen diesen Prozess indirekt besser sichtbar.
Mit den neuen Tools kommen nun allerdings meiner Erfahrung nach immer wieder auch starke Zweifel und Verunsicherung unter den Studierenden auf:
- “Wie lange darf eine Textübernahme sein? 5 Worte, 10 Worte, 2 Sätze?”
- “Wie viele Zitate muss mein Text enthalten, um genug wissenschaftlich zu wirken?”
- “Korrigiert das Plagiatsprüfprogramm Fehler automatisch?”
- “Was passiert, wenn ich zufällig genau die selben paar Worte wie jemand anderer irgendwann und irgendwo auf der Welt auch schon einmal verwendet hat?”
(Foto “nuuna – Das offene Geheimnis” von brandbook.de @ Flickr)
wissenschaftliche Mythen entstehen
Viele dieser Fragen zur Plagiatsprüfung kann man einfach zerstreuen bzw. aufklären (siehe z.B. im Blog hier und hier und hier). Mehr Sorgen mache ich mir eher um die Mythen, die gerade am entstehen sind.
Einige, die ich selbst schon öfters gehört habe, hier kurz präsentiert:
- “Solange ein Zitat hinter einem übernommenen Text steht, passt es schon.”
- “Man darf grundsätzlich alles als Quelle verwenden.”
- “Paraphrasieren bedeutet ein paar Worte durch Synonyme zu ersetzen.”
- “So viel Literaturangaben wie möglich zu setzen gilt als wissenschaftlich und sieht gut aus.”
- “Alles was man im Internet findet kann in einer wissenschaftlichen Arbeit verwendet werden.”
- “Bei Fotos und Grafiken reicht der Link zur Website völlig aus.”
- “Wissenschaftliche Arbeiten gehorchen völlig anderen Regeln als andere literarische Texte, sie müssen und sollen nicht lesbar sein.”
My As to the Qs
Die Antworten auf diese 7 häufigen Schreibmythen sind:
- Jein, denn der in ein indirektes Zitat übernommene Inhalt einer Quelle darf nicht lange sein (ein paar Worte bis ein Halbsatz ist ok). Auch direkt Zitate sollten nicht zu lange sein. Stimmen tut, dass man Zitate genau dort setzen muss, wo man sie verwendet, und das kann eventuell auch schon in der Mitte eines Satzes oder Absatzes sein.
- Ja! Die Quelle muss allerdings möglichst “wissenschaftlich” sei. Die Kriterien dafür lauten, dass die Quelle öffentlich oder doch zumindest halbwegs einfach zugänglich sein muss und peer-reviewed sein sollte. Das kann leider nicht immer beides zutreffen, je nach Themenwahl werden auch Quellen wie “Tweets” oder Zeitungsberichte herhalten müssen. Dann sollte man allerdings darauf gefasst sein, dass man diese Unterlagen auf Anfrage vorweisen können muss. Zitieren und alle Details so gut als möglich festhalten, muss man in jedem Fall! Was verwendet werden kann und was nicht, entscheidet man am besten mit den Betreuenden.
- Nein, natürlich NICHT! Paraphrasieren bedeutet Quellen in eigenen Worten und meist zusammenfassend darzustellen. Es enthebt übrigens nicht von der Zitier-Pflicht! Außerdem nützt das sporadische Wörter ersetzen sowieso nichts bei einer Plagiatsprüfung, denn die erkennt sowas!
- Nein, das ist nicht “wissenschaftlich”. Überzitieren ist gerade ein sehr anstrengendes Phänomen in der Wissenschaftswelt. Auch mir ist das als Studierende passiert, da ich ebenso wie heutige Studierende verunsichert war, besonders was als Allgemeinwissen gilt und was nicht. Sicherlich sollte man Quellen im Zweifel lieber noch einmal anführen, doch es ist z.B. nicht zielführend ALLE wichtigen Forschenden zum jeweiligen Statement anzugeben.
- Siehe Punkt 2. Ja, theoretisch schon. Für Links wichtig – Titel der Seite/ des Artikels angeben, im Impressum herausfinden wer es geschrieben hat bzw. wem die Seiten gehören, sowie das Datum des Seitenbesuchs. Je mehr Infos man anführt, umso besser. Gut ist natürlich sich eine Kopie abzuspeichern, denn auch hier gilt – vielleicht müssen Sie das einmal nachweisen.
- Fotos, Grafiken, Logos und alle anderen grafischen Elemente auf Websites und in Büchern sind urheberrechtlich geschützt und somit nicht einfach so zu verwenden (besonders nicht, wenn Sie ihre Arbeit im Anschluss veröffentlichen wollen). Sofern die Benutzungsordnung für das Werk nicht angegeben ist, ist eine Anfrage beim Urheber klug.
- Im Gegenteil! Wissenschaftliche Arbeiten dürfen sogar sehr gerne auch allgemein verständlich verfasst sein, besonders in den einleitenden und schliessenden Abschnitten. Wer wissen will, wie man das schön macht, möge sich einmal höchst wissenschaftliche Fachbücher und Artikel von amerikanischen Forschenden durchsehen oder zu einem Vortrag von ihnen gehen – die können das zumeist sehr gut.
Übung macht auch hier den Meister
Ich hoffe ein wenig Licht in diese Schreibmythen gebracht zu haben. Wie so oft ist auch und besonders das wissenschaftliche Schreiben eine reine Übungssache. Dass es leicht sei, hat noch niemand behauptet.
Mehr zu diesem Thema am Donnerstag hier im Blog. Dann präsentiere ich nämlich mein erstes Blog-Interview mit Schreibpsychologin Johanna Vedral!
Den Plagiatpräventions-Blog der Zitier-Weise als E-Mail lesen
Mit einem Feed-Reader abonnieren
(Bericht von Natascha Miljkovic, 26. November 2013; letztes update: 7. September 2014)
Pingback: Word rap mit Schreibpsychologie – just write it! - Zitier-Weise
Pingback: Der Schrecken Selbstplagiate – Wie oft muss ich mich selbst auch zitieren? - Zitier-Weise
Pingback: Schluss mit der Unsicherheit beim Zitieren! | freigeschrieben