Plagiate an Hochschulen – Intransparenz statt Aufarbeitung?

Verschweigen, verstecken, verleugnen?!

Wortwolke Plagiatsvermeidung

Hochschulen wird häufig Intransparenz bei der Be- und Aufarbeitung von Plagiatsfällen vorgeworfen. Pessimisten gehen gar von systematischen Mauscheleien und Wegdiskutieren von Problemen aus, wenn der Familienname des Beklagten nur prestigeträchtig und einflussreich genug ist oder genug Geld die passenden Hände erreicht.

 

Dass nicht immer alles live kommentiert wird oder werden kann, was man gerade bearbeitet bzw. entscheidet, ist völlig normal: Gremien werden gewählt oder bestimmt und arbeiten dann in ihrem Rahmen, der ansich nicht basisdemokratisch ist. Muss er auch nicht.

 

Natürlich kam es in Einzelfällen schon vor, dass man Problematiken nicht in jedem Fall sehr korrekt und nachvollziehbar behandelt hat. Zu peinlich waren sie, zu unangenehm die Selbstreflexion. Um dem vorzubeugen sollte man jedenfalls konkrete interne Abläufe festlegen und diese offen kommunizieren.

 

 

Zum Thema Plagiatsverdacht an Hochschulen muss besonders folgendes berücksichtigt werden:

 

1)      Intransparenz. Geht man intern gerade einem Fall nach und prüft die vorgebrachten Anschuldigungen noch?

Hier sollte sogar aus Gründen der Fairness, besonders natürlich dem unter Verdacht Stehenden gegenüber, zwingend Stillschweigen über die laufenden Untersuchungen gewahrt werden. Das muss dem Informationswunsch Einzelner bzw. der Allgemeinheit eindeutig vorgereiht sein.

 

Der Schaden von voreiligen öffentlichen Meldungen ist für alle Beteiligten meist sehr hoch, eine fälschliche Vorverurteilung praktisch nicht mehr rückgängig zu machen. Ich halte das (den Amerikanern zugeschriebene, jedoch in anderen Systemen ebenso angewandte) juristische Prinzip des „innocent until proven(sic!) guilty“ für besonders wertvoll, besonders in diesem Zusammenhang!

 

Die Überprüfung eines Plagiatsfalles bis zum endgültigen Beweiss dauert für gewöhnlich, wie andere komplexe administrative Hochschul-Abläufe auch, mehrere Wochen bis Monate. In diese Zeitspanne fallen neben der Klärung, ob einer Anschuldigung überhaupt nachgegangen werden muss, auch wer letztlich tatsächlich zuständig ist, wie die Plagiatsprüfung durchgeführt werden soll, von wem, das Plagiatsgutachten ansich u.v.m.

 

Liegen diese Ergebnisse vor, muss nach Gesprächen mit allen Involvierten ggf. eine weitere Verhandlungsrunde über die weitere Vorgehensweise oder in schweren Fällen die Entscheidung über eine Aberkennung abgehalten werden. Vor dieser Zeit kann und darf man meiner Einschätzung nach als Hochschule nicht mit inhaltlichen Meldungen zum Verfahren vor die Öffentlichkeit treten.

 

 

2)      Korruption. Schützt man mit dem berühmt-berüchtigten Amtsgeheimnis die ÜbeltäterInnen?

Tatsächlich bedeutet das oben beschriebene Vorgehen in einzelnen Fällen, dass man so sogar MissetäterInnen schützt. Das ist bis zu einem gewissen Punkt in der Untersuchung auch wichtig und richtig, nämlich solange bis fertig begutachtet worden ist, ob die Anschuldigungen berechtigt sind oder nicht.

 

Angreifbar macht sich eine Hochschule in ihrer Vorgehensweise bei heiklen Fällen vorallem, wenn sie manchmal etwas öffentlich verlautbart, ein anderes Mal jedoch strenge Nachrichtensperre herrscht und in einem dritten Fall jeder Schritt öffentlich besprochen wird.

 

Hier muss ein klarer und einheitlicher Weg etabliert werden, wie die Hochschule in solchen Fällen zu agieren gedenkt. So kann man auch dem Vorwurf der „Freunderlwirtschaft“ oder der Korruption entgehen und baut sich gleichzeitig den Ruf einer korrekt agierenden Institution auf und aus.

 

 

3)      Glaubwürdigkeit. Soll man das Ergebnis einer Plagiatsprüfung überhaupt publik machen?

Da man Doktorate öffentlich zu verteidigen hat (jedenfalls in Österreich nach wie vor) und der akademische Grad Doktorin/ Doktor einen offiziellen Namenszusatz darstellt, muss man diese Verfahren meiner Meinung nach von jeder Hochschule öffentlich zugänglich bekanntgeben, besonders aber die Aberkennungen angeführt werden.

 

Dass es dafür allerdings keinen Pranger bedarf, sondern eine einfach gehaltene Liste auf der Website der Hochschul-Rechtsabteilung, der Ombudsstelle o.a. mit diesen Fällen betrauten internen Stellen, ist ebenfalls eine entscheidende Voraussetzung für ein faires und wertschätzendes Verhalten, auch und besonders bei diesen unangenehmen Aufgaben.

 

Vordergründig sollten besonders der so oft beschriebene Transparenz und der in zahlreichen Leitbildern besungenden Fairness aktiv Genüge getan werden. Das stärkt die Glaubwürdigkeit der Einrichtung nachhaltig und schafft auch ein Klima der gelebten Zuverlässigkeit.

 

 

4)      Abschreckung. Was bringt das Veröffentlichen der Namen von MissetäterInnen?

Natürlich erreicht man vordergründig eine Abschreckung von NachahmerInnen. Doch eine „Gnade Dir, wenn“- Strategie hat meiner Meinung nach an einer moderenen Hochschule nichts verloren. Für Studierende ist entscheidend zu sehen auf welche Werte die Hochschule setzt und dass sie diese durchaus auch zu verteidigen weiss.

 

In wie weit man sich durch das Fördern von Whistleblowing hier allerdings selbst ins Bein schiesst, muss eine Hochschule individuell abwägen. Natürlich kann dieses proaktive Vorgehen zu mehr Transparenz führen, genauso kann es allerdings auch rasch zu wenig Vertrauen und mehr Mißgunst innerhalb der Studierenden – und KollegInnenschaft führen.

 

Ein gewichtiger Punkt ist sicherlich, dass besonders in Österreich hauptsächlich die öffentliche Hand Ausbildung finanziert! Jeder Studierende hat dem Staat bis zum Abschluss seiner Studien viele Jahre lang enorme Summen gekostet: Gebäude müssen bereitgestellt und erhalten, Lehrende und Betreuende bezahlt werden u.s.w. Was man mit den Geldern unternommen hat will gut dokumentiert sein!

 

 

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(Beitrag vom 21. Mai 2013)

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

7 Responses to Plagiate an Hochschulen – Intransparenz statt Aufarbeitung?

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  6. Hallo Natalie!

    Danke für Ihre Rückmeldung! Sie haben völlig recht – dieses Problemfeld umfasst noch deutlich mehr Aspekte, als ich hier angeführt habe (z.T. greife ich manches davon in einem Artikel auf, der demnächst erscheinen soll). In diesem Beitrag war mir besonders der Aspekt des Publikmachens von Plagiatproblemen sehr wichtig.

    Die genauen Rollen und Aufgaben aller Beteiligten an einer Hochschule (Administration, Betreuende und Studierende) müssen optimiert werden: Dazu muss der derzeitige Fokus erweitert werden, weg von den Plagiatskandalen und “bösen Studis” hin zu Lösungsansätzen, die die akademische Redlichkeit stärken werden und so der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft nützen.

    Sehr gut gefallen hat mir Ihr Hinweis auf die POSITIVEN Vorbilder! Unerlässlich!

  7. Was noch fehlt: Plagiate betreffen nicht nur Studenten, sondern auch Professoren! Und bei denen würden eine drohende Namensnennung und generell Konsequenzen vielleicht doch was bewirken. Das wiederum hätte präventive Wirkung auch bei Studenten, wenn ihnen deutlich vor Augen geführt würde: Ein Plagiat ist kein Kavaliersdelikt, sondern hat in den Wissenschaften nichts verloren. Tatsächlich ist es jetzt eher umgekehrt; bislang ist nicht zu erkennen, inwiefern die Hochschulen die Umsetzung all der hehren Grundsätze und Positionspapiere auch nur angehen. Um nur ein Beispiel zu nennen: im Hinblick auf die zu Recht verpönte, aber leider allzu übliche Mitautorschaft kraft Status; vom wirklichen Abschreiben bei Kollegen ohne Quellenangabe gar nicht zu reden. Wer aber selbst nicht vorlebt, was er verlangt, wie kann der erwarten, daß Studenten sich daran halten?

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