Vor kurzem habe ich auf meiner Facebook-Page von einem Statement berichtet, dass Studierende von Unterrichtenden und Betreuenden zu hören bekommen (können): “Das weiß/ kann man doch!”.
Ein selten doofes Feedback
Tatsächlich ist mir etwas Ähnliches in einer der ersten Vorlesungen, die ich besucht hatte, einmal selbst zu Ohren gekommen: eine Studentin (wir waren damals erst Anfang des 2. Semesters) hatte den vortragenden Professor sehr höflich gefragt, ob er den gerade erwähnten Fachbegriff (ein komplizierter Gattungsname altgriechischen Ursprungs) bitte an die Tafel schreiben oder buchstabieren könnte.
Dieser hat das Anliegen wutentbrannt zurückgewiesen und sich mit der Aussage „Wenn Sie nicht mal schreiben können, brauchen Sie erst gar nicht zu studieren anfangen!“ aggressiv jegliche weitere „kindische Störung“ des Unterrichts “verboten”.
(Foto “Noch Fragen?” von bettybraun @ Flickr)
Achtung, Achtung, da kommt eine Rückfrage! Schnell weg!
Besonders bezogen auf das Thema wissenschaftlich Arbeiten und Schreiben liegt in einer solch pauschalen Ansicht, was alles bereits vorauszusetzen sei, wenn jemand ein Studium beginnt, eine große Gefahr.
Klar ist, Maturanten sind natürlich durch die Schulzeit in einigen wesentlichen Punkten (Texte sinnerfassend lesen, zusammenfassend oder argumentativ beschreiben, Kurzreferate halten, usw.) ausgebildet, auch gehört Latein immer noch zum Kanon an vielen Gymnasien.
Dennoch, man kann als StudentIn nicht bereits wie einE WissenschafterIn „denken“ und agieren und alle wissenschaftlichen Fachtermini kennen!
Fordere mich doch heraus!
Studierende herauszufordern ist natürlich wichtig und richtig, doch setzt man zu bald zu viel voraus und würgt man gleichzeitig jede Form von Rückfragen ab, tötet man die im weiteren Studienverlauf Kritikfähigkeit und die Fähigkeit zum Aufbauen und Widerlegen von wissenschaftlichen Hypothesen komplett ab, die für gutes wissenschaftliches Arbeiten entscheidend wären! Auch strukturiertes und individuelles Feedback zu bekommen ist essentiell für Studierende.
In unserer damaligen Vorlesung haben während des restlichen Semesters erstens schlagartig deutlich weniger Leute gesessen, obwohl es ein Pflichtfach war, und zudem hat sich niemals wieder jemand eine Frage stellen getraut.
Mit Euch rede ich nicht
Woher dieser durchaus häufiger zu beobachtende, latente Diskurs-Unwille kommt ist unklar, wahrscheinlich wie so oft sehr vielschichtig. Schon mehrfach wurde in letzter Zeit angemerkt, welch geringen Stellenwert die Hochschul-Lehre hat.
Das könnte ein wichtiger Aspekt sein! Weiters muss man bedenken: Anders als in Großbritannien, wo für Professuren bis zu 300 Stunden Lehrnachweise und Didaktik-Ausbildung extra zu erbringen sind, gibt es in Mitteleuropa immer noch wenige Weiterbildungsangebote für gute Lehre an Universitäten. Dazu ist auch in „Der Zeit“ ein interessanter Artikel erschienen.
Gimme more, gimme gimme more
Die Aufgabenfelder, die Forschende heutzutage zu bewältigen haben werden zudem immer mehr und immer fordernder. Neben Forschung sollen auch
- Studierenden mit deren Abschlussarbeiten betreut,
- die Lehre abgearbeitet,
- Anträge für Forschungsgelder eingereicht,
- Genehmigungen diverser Art eingeholt,
- PR in eigener Sache gemacht,
- Auslandsreisen und Kongresse organisiert werden,
- und so weiter und so fort.
Vieles davon ist für die Karriere von Forschenden fast gleichwertig zu betrachten, irgendein Bereich wird dabei allerdings fast zwangsweise auf der Strecke bleiben, aus zeitlicher, praktischer oder ideologischer Sicht. Von den genannten Tätigkeiten kann man die Lehre immer noch am einfachsten nach Lust und Laune gestalten.
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(Bericht von Natascha Miljkovic, 20. November 2012; zuletzt upgedated: 7. September 2014)
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