Top 10 Academic Integrity Boosters

Plagiate und andere akademische Unredlichkeiten kommen durch eine Vielzahl an Gründen zustande. Ihre Vermeidung ist daher für Hochschulen meist ein schwieriges und langwieriges Unterfangen. Vielfach ist jedoch sogar eine Art Schockstarre am Werk, da man kaum weiß, wie man der Lage Frau/Herr werden kann, belässt man es lieber bei “Alibi-Handlungen” (à la “Guidelines gibt es ja bei uns schon.”) und hofft auf die Leistungsfähigkeit der Plagiatsprüf-Software als letzte Instanz.

In dieser Komplexität liegen jedoch auch viele gute Möglichkeiten verborgen, diese Herausforderungen zu meistern! Glücklicherweise hängen viele von ihnen sogar zusammen, wodurch Mehrfachnutzen entsteht. Im Folgenden beschreibe ich die 10 wichtigsten Ansatzpunkte, Academic Integrity Boosters, mit denen Administrationen und Lehrende bzw. Forschende ein Mehr an akademischer Integrität schaffen können.

A plan implies an architect [39/365](Foto: “A plan implies an architect” von Sarah Ross @Flickr)

Meine Empfehlungen – Top 10 Academic Integrity Boosters

Kommunikation: Weiß eigentlich wirklich jedeR um die Werte und Vorgaben, die Ihre Hochschule und Sie von den Studierenden eingehalten haben möchten? Wie bei vielen Schriftstücken ist auch ein Mission Statement oder die Richtlinien zur ‘guten wissenschaftlichen Praxis’ auf der Website der Hochschule zu veröffentlichen nicht gleichzeitig ein Garant dafür, dass sie auch wahrgenommen, umgesetzt und gelebt werden oder vielleicht sogar umgesetzt werden können. Manchmal scheitert es auch schon am finden der Info – oder wissen Sie, WO genau Sie diese Informationen auf der Website oder im Intranet stehen? Relevante Inhalte sollten immer mehrmals pro Semester/Studienjahr und in unterschiedlichsten Formaten vorgestellt und besprochen werden.

Aktion: Setzen Sie ein Beispiel – oder besser gleich mehrere! Nennen Sie Lehrenden und Studierenden konkrete Handlungen, wie die/der Einzelne zur Verbesserung der Wissenschaftskultur beitragen kann. Sollen beispielsweise Studierende mehr Primärliteratur in ihre schriftlichen Arbeiten einbauen, müssen sie den Umgang mit wissenschaftlicher Literatur frühzeitig und an relevantem Material erlernen und verwenden üben können. So können die Standards nachhaltig und für alle beteiligten Gruppen in verträglicher Form gesteigert werden. Lehrende sollten sich dabei nicht blind auf den jeweils anderen verlassen und externe Lehrende ein wenig mehr Einbindung erfahren, damit auch diese es in ihrer Lehre berücksichtigen können.

Lehre: dass man nicht schummeln darf, weiss jede/r, das gilt für Prüfungen wie auch für Texte. Klar! Schon in der Lehre kann man jedoch noch auf ganz anderen Ebenen ansetzen, um akademische/wissenschaftliche Redlichkeit zu steigern. Denken Sie an die Materialien, die Sie im Unterricht – online oder Präsenz – den Studierenden ausgeben. Steht bei Abbildungen und Tabellen immer ein Urheberrechtsvermerk dabei? Wie sieht es bei Präsentationen aus? Wird klar, woher Zitate stammen? Zeigen Sie den Studierenden ganz genau, wie wissenschaftliche Werke aussehen sollen!

Integrieren: Besonders wichtig ist – sprechen Sie es an, wenn Sie Unredlichkeiten oder zumindest Ungenauigkeiten in wissenschaftlichen Arbeiten anderer vermuten. Zum Einen kann man so Fehler oder Ungenauigkeiten frühzeitig finden, andererseits hat mehr Selbstreflexion und eine gute Diskussion der Wissenschaft noch nie geschadet. Integrieren Sie also einige Gedanken an mögliche “blinde Flecken” in der Wissenschaft, in Ihrem eigenen Tun, und Grundsätze der Wissenschaftsethik wie selbstverständlich in Ihr Handeln. Fragen Sie selbst auch bei Bedarf aktiv um Feedback zu Ihrer Forschung oder Lehre.

Timing: für akademische Integrität gilt grundsätzlich – man kann IMMER etwas machen! Und zwar in jedem Fach! Studierende sollten ganz unaufgeregt aber eben regelmässig immer wieder zu diversen Aspekten des wissenschaftlichen Arbeitens etwas erfahren, so auch zu Redlichkeit im Umgang mit Zahlen, Daten, Fakten. In Ihrem Fach geht’s nur um Praktisches? Wunderbar, dann zeigen Sie doch auch einmal Beispiele, wo jemand Mist gebaut hat und welche Auswirkungen das hatte. Aus Fehlern wird man bekanntlich auch klug!

Sie: Wenn Sie das Gefühl haben, gar nicht viel selbst in der Hand zu haben beim Thema wissenschaftliche Redlichkeit, können Sie dennoch etliches Gutes bewirken – bei sich! Bei vielen Konferenzen und Kongressen wird mitgefilmt und sogar auch gestreamt. Kontrollieren Sie daher auch Ihre Beiträge immer gründlich, ob alles zitiert wurde! Geben Sie Fotos und Unterlagen anderer nie ohne Rücksprache weiter. Zitieren Sie immer und innerhalb eines Textes immer einheitlich (Vorbildwirkung). Achten Sie auf gutes Datenmanagement und sichern Sie Daten richtig ab. Hinterfragen Sie sich gelegentlich, ob Sie vielleicht manches absichtlich unbedacht lassen oder machen “weil man das halt so macht”.

Berichten: Whistleblower sind zwar fast überall unbeliebt und werden meist als VerräterInnen und NestbeschmutzerInnen arg verunglimpft. Den Umgang mit ihnen muss man sich als Hochschule genau überlegen, besonders, wenn man nicht möchte, dass Probleme sofort nach außen oder an die Medien getragen werden, bevor es noch eine Chance zum Bearbeitung gab. Informieren Sie sich als MitarbeiterIn, ob es an Ihrer Hochschule Abläufe dazu gibt, wie der letzte Fall gewichtet war bzw. welche anderen Wege man beschreiten könnte(!), sollte der Supergau einmal auftreten und man aus sicherer Distanz einen groben Misstand melden müssen.

Plagiatsprüfung: Oft wird kritisiert, dass Plagiatsprüfungen das Vertrauen in die Studierenden aushebelt und alle unter Generalverdacht stellt. Das ist nicht ganz unberechtigt. Wenn Ihrer Hochschule Ehrlichkeit ein entscheidender Wert ist, den Sie von Ihren Studierenden so ausdrücklich einfordern, muss auch Ihnen gegenüber ein Mindestmaß davon zugestanden werden. Geben Sie bekannt warum und wie Sie das handhaben, warum Sie Abgeschriebenes nicht möchten und

Qualitätsmanagement: Sicherlich gibt es eine entsprechende Stelle an Ihrer Hochschule, die sich nur um das QM kümmert. Natürlich auch der Lehre. Doch kann man Feedbackbögen oder -gespräche auch ganz für sich nutzen und sich immer wieder auch die Sichtweise der anderen im Zusammenhang mit der eigenen Arbeit zu Gemüte führen und daraus lernen sich konstant zu verbessern.

Mitsprache: Häufig wird kritisiert, dass Plagiatsprüfung das Vertrauen in die Studierenden aushebelt und alle unter Generalverdacht stellt. Diese wie auch alle anderen Bedenken im Zusammenhang mit akademischer Unredlichkeit sind sehr ernstzunehmen! Wenn an Ihrer Hochschule Ehrlichkeit, Vertrauen und Transparenz wichtige Werte sind, müssen Sie für alle gleichermaßen und in jede Richtung – von Studierenden ausgehend wie auch zu Studierenden hinführend – gelten. Binden Sie nach dem Prinzip der “bottom up”-Mitsprache alle Beteiligten in die Vorgänge ein, um im Idealfall Konsens über neue Maßnahmen zu erreichen. Aktivieren Sie Studierende Ihre Meinung zu äußern, Beobachtungen zu machen!

 

Artikel von Natascha Miljković, 30. Nov. 2016

© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2016.
© Abbildungen: wie angegeben.

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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