Blog-Interview mit Schreibpsychologin Johanna Vedral

Heute gibt es hier im Blog etwas ganz besonderes – mein erstes Blog-Interview! Dieses Mal bin nicht ich im Fokus, sondern die Arbeit einer Schreibpsychologin und -Coachin.

 

Beratung mit der Zitier-Weise

(Foto: Thomas Steibl)

Meine 5 Fragen an Johanna Vedral

Lest selbst, wie es Studierenden beim Schreiben ihrer Abschlussarbeit so gehen kann:

 

*) Mit welchen Herausforderungen und Hürden haben Studierende zu kämpfen, wenn Sie zu Dir kommen, weil sie Hilfe für die Abschlussarbeit brauchen?

“Studierende kommen oft zu mir, weil sie nicht ins Schreiben hineinkommen und das Anfangen immer weiter aufschieben. Andere suchen mich mitten im Schreibprozess auf, weil sie blockiert sind und nichts mehr geht.

Bei vielen Studierenden geht es um die Präzisierung der Forschungsfrage und das Herausarbeiten des roten Fadens. Und dann gibt es noch die Studierenden, die mir ihre fertigen Arbeiten zum Lektorat schicken.

In vielen Fällen braucht die Arbeit noch einen Überarbeitungsgang, um den roten Faden herauszuarbeiten. Oft fehlen auch wichtige Teile der Arbeit, die die Studierenden mit intensivem Feedback weiterschreiben.”

 

rotstift
(Foto “rotstift” von Clemens Loecker @ Flickr)

 

*) Bitte beschreibe uns Deine Rolle als Schreibcoachin und -Beraterin!

“Ich habe viele Rollen bei der Beratung von Studierenden, wobei nicht jeder Studierende mich in jeder dieser Rollen in Anspruch nimmt. Ich bin Schreiblehrerin/ writing teacher, d.h. ich vermittle/unterrichte Schreibmethoden und Schreibstrategien und beantworte alle Fragen zum wissenschaftlichen Schreiben, die sich die Studierenden sonst nicht zu stellen trauen.

Dabei macht es mir besonders Spaß, den komplexen Prozess des wissenschaftlichen Schreibens in einfache Lektionen herunterzubrechen. Ich bin Schreibcoach, d.h. ich motiviere und ermutige und inspiriere und unterstütze die Studierenden dabei, ihr Selbstmanagement zu optimieren. Im Coaching arbeite ich mit konkreten Schritten und Handlungsvorschlägen.

Zusätzlich bin ich Klagemauer und Reflexionspartnerin für den Unifrust und die oft schwierige Beziehung zum Betreuer. Im Coachinggespräch werden auch Themen eingeschränkt, Forschungsfragen präzisiert und der Metatext der Arbeit reflektiert.

Meistens habe ich dabei nicht mit meinem Fach Psychologie zu tun, sondern mit einer große Bandbreite von Fächern, deren Diskursen und Fragen. Dass ich meistens nicht vom Fach bin, hilft mir, schnell die richtigen Fragen zu stellen. Ich bin Psychologin und Therapeutin für die Studierenden, die das Schreiben der Abschlussarbeit psychisch beeinträchtigt. Ich bin Lektorin und Korrektorin und gebe konstruktives Textfeedback.”

 

*) Wie machst Du den Studierenden das Schreiben wieder angenehm und zum erfolgreichen Erlebnis?

“Oft reichen konkrete Anweisungen für erste Schritte oder Textfeedback, um das Schreiben wieder in Schwung zu bringen. Gut bewährt hat sich auch, dass Studierende entweder im Gruppensetting regelmäßig über ihren Schreibprozess sprechen können.

Im Einzelsetting bin ich als Ansprechperson auch über die persönlichen Termine hinaus da: meine Coachees schreiben mir einmal pro Woche ein Mail mit ihren Fortschritten/ Schwierigkeiten, so dass sich neuerliche Blockaden gar nicht erst entwickeln können.

Mein Ziel beim Schreibcoaching ist, mich selbst als Coach überflüssig zu machen, indem ich den Studierenden das Werkzeug vermittle und die richtige Einstellung, ihre Schreibprojekte erfolgreich durchzuziehen.”

 

*) Zu Plagiatsskandalen – haben die diversen Verdächtigungen der letzten 3 Jahre das Schreiben für Studierende Deiner Meinung nach verändert?

“Ja. Die Studierenden sind oft sehr verunsichert und wollen ganz genau wissen, wie sie vorgehen müssen, um nur ja nicht in Plagiatsverdacht zu geraten.

Hier reicht entweder das Vermitteln von Zitierregeln oder auch das exemplarische gemeinsame Paraphrasieren von ein paar Sätzen, um den Studierenden die Angst vor dem unabsichtlichen Plagiat zu nehmen.”

 

*) Was bedeutet das Schreiben für Dich persönlich?

“Und das als Schlussfrage? (Anm. NM: na klar! Das musste ja noch kommen! 😉 Es ist seit fast vierzig Jahren mein wichtigstes Ausdrucksmedium und konstituierender Bestandteil meiner privaten wie meiner professionellen Identität.

In meiner langjährigen Praxis als Schreibende habe ich viel gelernt und freue mich, das in Kursen und Einzelcoachings weitergeben zu können.”

 

Danke für das Interview, liebe Johanna!

Mehr über Johanna Vedral und ihre Schreib- und Schreibberatungsangebote findet Ihr auf Ihrer Website.

Auch sehr empfehlenswert ist Johanna’s vielseitiger Schreibstudio-Blog, eine Fundgrube für Schreibende (und solche, die es noch werden wollen), finde ich sehr motivierend!

Wer auch Unterstützung mit der Abschlussarbeit braucht, kann hier mit  Johanna in Kontakt zu treten, E-Mail genügt (johanna.vedral(a)schreibstudio.at)!

 

 

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(Artikel von Natascha Miljković, 28. November 2013; letztes Update 1. Februar 2014)
© aller Texte: Dr.in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2014.
© Abbildungen: wie angegeben.

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Ändern Plagiatsprüfungen den Review-Prozess?

Im Guardian spielt ein kürzlich erschienener Artikel auf die (mögliche) künftige Rolle der Plagiatsprüfungen auf den Prozess des Peer Review-Verfahrens bei Publikationen hin.

“Journals need to get used to the idea that in future peer review of papers will take place
after publication as well as before.”

Was hätte Kepler getan?

Mir fiel dabei sofort Kepler ein. Und Galilei. Die “großen” alten Wissenschafter!

Damals war dank wenig technischer Unterstützung beim Publizieren natürlich auch der Ablauf des Reviewing ein ganz anderer. Das Forschen ansich war komplett anders! Man stelle sich das vor – beinahe alles was man damals erforschen konnte hatte zuvor wahrscheinlich auch noch niemand untersucht! Nirgendwo!

 

“In 1665, when the first scientific journal rolled off the presses, it was the cutting edge of science communication.”

Und dann erst das Publizieren: Man schickte seinen Artikel ein, Gutachter und Kollegen sahen den Beitrag meist viele Monate später und schrieben dem Journal dazu ihre Meinung. Diese wurde nach Monaten abgedruckt, nochmals Monate später konnte sich der Autor rechtfertigen, usw. Quasi auch damals schon post-publication review.

Heute kann man auch durch Self-Publishing und Open Access-Journale alles ganz anders machen!

(Foto “Tippen 2” von Maik Meid @ Flickr)

 

Brieftauben in wissenschaftlicher Mission

Generell vielleicht nicht so viel anders als heute war wohl der Austausch unter Wissenschaftern. Man schrieb sich nur früher eindeutig mehr Briefe als heutzutage, wo E-Mail, Chat-Programme und Skype-Telefonie ja wirklich mehr als hilfreich sind sich sogar global einfach zu vernetzen.

Die Technik, namentlich Programme zum Auffinden von Plagiaten, haben heute eine tolle neue Funktion bei Reviews: sie machen das Menschenunmögliche möglich und überprüfen automatisch Abermillionen Worte gegen Internetseiten, Bücher, Journale usw.

 

Science Blogger reiten voran

Erschreckend hoch ist nun allerdings auch das Gefundene: neben Plagiaten beklagt die weltweite scientific community, allen voran als die Vorreiter – Science Blogger – auch Fotofälschungen und Datenmanipulationen in horrenden Zahlen.

Man muss sich wohl wieder daran gewöhnen, dass Begutachtungen jederzeit durchgeführt werden können, vor und nach der Veröffentlichung. Dieser sich neu etablierende Review-Prozess hat erst begonnen, er ist um ein Vielfaches schneller als noch zu Keplers oder Galileis Zeiten. Und sehr viel transparenter!

 

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(Bericht vom 11. November 2013)