#wasichlese – Meine Rezension zum Welttag des Buches

Nicht nur für “alte Hasen”, auch für “Frischfleisch” unter den AkademikerInnen sehr empfehlenswert!

Hochschulen sind keine “normalen” Betriebe und ForscherIn sein ist kein “normaler”, klar umrissener Beruf wie viele andere auch! Zahlreiche unterschiedliche Funktionen und Rollen erfordern besonders in diesem Arbeitsumfeld effizientes und effektives Zeitmanagement und exakte Arbeitseinteilung.

 

Wie stets in bestechend klarem Design – rot und blau mit teilweise weißer Schrift am Cover – kommt mein UTB-Rezensionsexemplar daher. Innen geht es allerdings mit – für mich zumindest – noch ungewohntem türkis-grün für hervorgehobene Textabschnitte und Infokästen weiter. Gefällt mir, sogar sehr!

Riedenauer & Tschirf(Foto: N. Miljkovic, Cover des vorgestellten Buches ((c) liegt beim Verlag))

 

Schon bei der ersten Durchsicht des Inhaltsverzeichnisses ist offensichtlich – hier bekommt man, was verheißen wurde: jede Menge Informationen zu Zeit- und Selbstmanagement. Markus Riedenauer und Andrea Tschirf, zwei ProfessorInnen aus Wien, beginnen Ihre Ausführungen im Band

Zeitmanagement und Selbstorganisation in der Wissenschaft. Ein selbstbestimmtes Leben in Balance

mit zwei Kapiteln (Kapitel I und II), die die Leserin/den Leser noch einmal eindringlich auf die spezifischen Herausforderungen an den Beruf WissenschafterIn hinweisen.

Positiv fällt mir als Naturwissenschafterin auf – hier versteht man die Materie wirklich! Nichts finde ich unangenehmer, als Tipps und Kniffe, sei es zu Kommunikation, Zeit- oder Konfliktmanagement, die so niemals an einer Hochschule umsetzbar wären. Hochschulen ticken tatsächlich deutlich anders als Betriebe!

Das Arbeitsumfeld Wissenschaft zeichnet sich viel mehr noch als andere Berufe (im Sinne von: in der Wirtschaftswelt im Vergleich zum „Elfenbeinturm Wissenschaft“) durch sehr vielfältige Tätigkeiten aus.

So muss die Zeit für  Forschung z. B. auch mit zum Teil erheblichem administrativem Aufwand, Einreichungen für Drittmittel, Betreuung von Studierenden, Publikationen verfassen und Lehre betreiben usw. geteilt werden. Vieles benötigt enorme Vorarbeit und/oder Vorlaufzeiten, teils schließen sich die Aufgabenbereiche sogar aus, teils sind sie als nicht ganz gleichwertig erachtet. Dennoch, wie so oft erscheint alles dringend und wichtig!

 

Zeitmanagement für Alteingesessene und “Frischfleisch” gleichermaßen

Riedenauer und Tschirf schreiben jedoch Ihren Ratgeber nicht nur für „g’standene“ ForscherInnen, auch JungakademikerInnen können sich hier viele gute Anregungen mitnehmen, besonders DissertantInnen (siehe Kapitel II.3). In diesem Kapitel geht es auch bereits sehr ans Eingemachte: anhand von kleinen Übungen macht man sich die eigenen Rollen, die man zu bekleiden hat oder die man bekleiden möchte, und deren Anforderungen klar. Sehr hilfreich sind dazu die im Text zahlreich aufgeführten Fragen (z. B. „Was ist der höchste Preis, den ich zu zahlen bereit bin?“), um den unterschiedlichen Rollen noch intensiver auf den Grund gehen zu können.

Auch ich wurde zu meiner Zeit an der Hochschule noch so sozialisiert, dass die eigene Forschung, die Arbeit im Labor und Kongresse besuchen, DIE wichtigsten Lebensinhalte sind (und zu sein haben). Ich fand es daher auch völlig normal, 10 bis manchmal gar 12 Stunden pro Tag im Labor zu sitzen und zu arbeiten.

Zum Glück änderten sich diese doch großteils überholten Ansichten, man sieht Forschung betreiben auch als einen Job (im positivsten Sinnes des Wortes!) an. Es muss neben Studium und/oder Forschung und Lehre auch Zeit für ein geregeltes Privatleben bleiben, ungeachtet wie passioniert man als WissenschafterIn ist! Die viel gepriesene Work-Life-Balance klingt auch im Buch an.

 

Plane gut wer viel tut

Dazu sind gutes Energiemanagement (Kapitel III) und Planungseffizienz (Kapitel IV) unabdingbar. Beide Kapitel sind sehr ausführlich behandelt und spannen einen sehr großen Bogen von Stressentstehung und -bewältigung, über gesunde Ernährung hin zu Biorhythmen und Motivation. Wer sich mit diesen Dingen bereits etwas eindringlicher beschäftigt hat, wird hier eine sehr gute Zusammenfassung finden, doch wenig Neues. Das macht wenig – es ist sehr gut geschrieben und man kann schließlich nicht oft genug zu hören bekommen, WIE wichtig ausreichend Wasser zu trinken und regelmäßige Bewegung ist, oder!

Kapitel IV glänzt mit Informationen zu Aufgaben, Prioritäten und Zielsetzungen, wobei ich den Abschnitt über Prioritäten (IV.3) leider zu mager geraten finde! Erfahrungsgemäß fällt besonders AnfängerInnen im Zeitmanagement die vorgestellte Eisenhower-Matrix (danach teilt man seine Aufgaben des Tages/der Woche in 4 Quadranten ein – dringende und wichtige bzw. nicht dringende oder nicht wichtige Aufgaben) – obwohl sie natürlich sehr einfach und klar daherkommt – sehr schwer.

Empfehlenswerter erscheint mir beispielsweise die ALPEN-Methode (TIPP: das im Link angesprochene Lerntagebuch gibt es kostenlos bei abz*Austria zu bestellen, ich kann es nur sehr empfehlen, besonders für ungeübte LernerInnen toll!).

Auch ist das präsentierte Pareto-Prinzip (mit 20% des Zeitaufwandes erreicht man 80% der zu erbringenden Leistung, und umgekehrt benötigt man für die restlichen 20% der Arbeit 80% der Zeit, ein großer Stolperstein besonders für PerfektionistInnen!) ein Prinzip, das man sich gut im Kopf behalten sollte, doch eine Planungsmethode ist es per se nicht.

Sehr wichtig ist das Unterkapitel „der Preis eines Zieles“! Nicht selten übersieht man, dass jede Entscheidung für ein Unterfangen gleichzeitig auch ein Nein zu anderen Dingen ist. Auch das muss man lernen zu erkennen! Besonders wenn es um die Karriereplanung geht!

Zum Abschluss von Kapitel IV finden sich ausführliche Anleitung für eine gelungene Tages- und Wochenplanung samt Präsentation einiger Zeitplanungs-Tools sowie eine feine Auflistung der wichtigsten und gängigen Zeitfresser (auch Zeitdiebe, Zeitlöcher oder Zeitsenken genannt).

Das kurze Zwischenkapitel V von der Ordnung in allen Dingen sollte ich mir, gerade mitten im Frühjahrsputz steckend, noch einmal sehr sehr genau zu Gemüte führen! 😉

 

Zuerst sich selbst managen, dann die Zeit

Im vorletzten Abschnitt geht es ins Eingemachte des Selbstmanagements beim wissenschaftlichen Arbeiten und die sinnvolle Integration der unterschiedlichen Arbeitsfelder von WissenschafterInnen (Kapitel VI).

Nicht wenige Anhaltspunkte zur Betreuung von Studierenden werden darin unter anderem gegeben sowie knackige Zwischenfragen zu Führung! AkademikerInnen übersehen gerne und leider allzuoft, dass sie irgendwann einmal wohl auch Führungskraft sein werden und machen sich kaum Gedanken dazu, wie sie das grundsätzlich anlegen möchten. Doch auch hier kann man sich – für sich selbst und andere im Team – sehr gut weiterbilden. Mein Tipp: zahlreiche Hochschulen bieten über die Personalentwicklungsstellen eigene Kurse dazu an. Bilden Sie sich weiter, es nützt nicht nur Ihnen sehr viel!

Das abschließende Kapitel über spezielle Herausforderungen von Frauen in der Wissenschaft stellt Erhebungen der Universität Wien zu diesen Thema kurz dar. Leider gibt es dazu ein wenig wenig Hinweise, wie man sich als Frau im rauhen Terrain behaupten kann. Alles in allem leider ein etwas lieblos verfasstes Mini-Kapitel.

 

Mein Fazit zum Buch

Ich bin sehr begeistert von der Fülle an Einführungen in die unterschiedlichsten Aspekte des Zeit- und Selbstmanagements, die WissenschafterInnen in diesem Buch geboten werden! Es ist sehr angenehm zu lesen, zumal man auch als WissenschafterIn das Gefühl hat – diese beiden kennen Hochschulen wirklich gut! Die Autorin und der Autor besitzen das Verständnis um die Komplexität des Berufes ForscherIn und zeigen doch auch die enorm positiven Möglichkeiten (z. B. häufig weitgehend freie Zeiteinteilung möglich, rasch Urlaube einreichen, abwechslungsreiche Tätigkeiten, usw.) auf. Selbstorganisation und Balance von Arbeits- und Freizeit sind zu entwickeln und stetig an diverse Anforderungsänderungen und Deadlines anzupassen.

Den fortgeschrittenen LeserInnen sei der direkte Einstieg in Kapitel VI (Zeitmanagement für wissenschaftliche Kernaufgaben, zur Zeitersparnis natürlich;)) nahegelegt, auch wenn ich bis auf einige wenige Unterkapitel die Darstellung der Themen sehr gelungen und alle überaus lesenswert finde!

 

 

Ich danke dem Verlag UTB für die freundliche und überaus prompte Beantwortung meiner Anfrage und Überlassung des Rezensionsexemplars auf das Herzlichste!

 

 

Hier nochmals alle Fakten zum Buch

Titel: „Zeitmanagement und Selbstorganisation in der Wissenschaft. Ein selbstbestimmtes Leben in Balance“

AutorInnen: Markus Riedenauer und Andrea Tschirf

Verlag: facultas wuv UTB, Wien

Erscheinungsjahr: 2012

Seitenzahl: 244

UTB-Band: 3668

ISBN: 978-3-8252-3668-7

 

 

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(Artikel von Natascha Miljković, 23. April 2014)
© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2014.
© Abbildung: wie angegeben.

 

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About Dr. Natascha Miljkovic

Inhaberin der Firma Zitier-Weise, Agentur für Plagiatprävention. Naturwissenschafterin mit viel Auslandsforschungserfahrung, Wissenschaftsberaterin und präventive Plagiatsprüferin. Berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeit und unterrichtet, wie man diese (z. B. Plagiate) nachhaltig vermeiden kann. Auch an allen anderen Themen in, um und durch Forschung und Bildungseinrichtungen interessiert.

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