Zugegeben, die Definition von Plagiaten wirkt ziemlich weit gefasst (fremde Inhalte absichtlich oder unabsichtlich ohne entsprechende Kennzeichnung als eigene Leistung ausgeben). Trotz vieler Graubereiche ist sie für den alltäglichen Gebrauch dennoch verständlich und meist gut praktikabel. Neuerdings wird jedoch alles mögliche als vermeintliches „Plagiatsproblem“ in eben diesen Topf geworfen – das verwirrt (nicht nur) Studierende zusätzlich.
In diesem Artikel entwirre ich vier typische Vertreter dieser Fälle!
Falschzitat Typ 1 – Überzitieren
Tatsächlich kann es beim Zitieren es ein „zu viel des Guten“ geben. Halb so wild, könnte man meinen, Hauptsache zitiert, damit kein Plagiatsverdacht aufkommen kann. Und genau das ist das Problem!
NIEMALS sollten Sie Zitate nur aus dem Kalkül heraus setzen, nicht bei der Plagiatsprüfung aufzufallen! Vergessen Sie diese Textanalyse ganz schnell, es hat beim Schreiben nichts in Ihrem Kopf zu suchen. Beim Schreiben tanzen Sie mit dem Thema, achten auf einen guten Textfluss und den roten Faden, bauen stichhaltige Argumentationen auf und finden stimmige Belege dafür … So vieles ist jetzt wichtig, doch Plagiate sind es nicht.
Bezüglich Menge an Zitaten in akademischen Texten gelten zwei wichtige Faustregeln, die immer im direkten Wechselspiel zueinander stehen:
- Benutzen Sie so WENIG Literatur als irgendwie möglich für Ihre Argumentation, aber so viel als nötig ist.
- Zitieren Sie im Zweifelsfall aber lieber einmal zu VIEL als einmal zu wenig.
Falschzitat Typ 2 – Zitieren, weil man die Quelle nicht genau versteht
Auch nicht so selten sind (meist direkte) Zitate, die in den Text eingefügt wurden, weil die Schreibenden sie entweder toll (sprich „hochgestochen“) fanden und dachten, es werte ihren eigenen Text auf das zu verwenden. Oder aber sie konnten das Zitat nicht paraphrasieren, weil es so dicht ist an Informationen, also beließen sie es bei einem direkten Zitat.
Kann es sein, dass bei diesen beiden möglichen Verläufen die Schreibenden den Inhalt des Zitates selbst nicht verstanden haben?! Anzunehmen. In diesem Artikel wird diese „Technik“ als „quote-and-run“ bezeichnet. Das trifft es wirklich gut!
Auch hierzu gibt es einfache Faustregeln:
- Zitieren Sie NICHTS, was Sie nicht wirklich verstehen!
- Ja, es kann wirklich ALLES paraphrasiert und in einfacheren Worten wiedergeben werden (wenn man es wirklich verstanden hat, was die Quintessenz, die wichtigste Aussage, ist).
- Direkte Zitate sind unglaublich starke Highlights in Ihrem Text! Überlegen Sie daher ganz genau, wann und wie Sie sie einsetzen.
- KEIN direktes Zitat darf kommentarlos in Ihrem Text stehen! Dieses Prinzip gilt auch für alle anderen Inhalte wie Abbildungen, Tabellen usw. Ohne Einbindung in Ihre Argumentation und kurze Besprechung, hat es da nichts zu suchen.
(Abb. “What?” von Véronique Debord-Lazaro @Flickr)
Falschzitat Typ 3 – Falsche Belege
Ein wenig harsch geht es manchernorts gerade bei klassichen Falschzitaten zu. In den letzten Wochen haben mich einige KundInnen darüber informiert, dass Hochschulen plötzlich eine „zero tolerance“-Politik gegenüber falschen Belege fahren und diese wie Plagiate ansehen. Hart und unfair?
Hart ja, fair nein (wenn!! es im Rahmen war, sich auf ein, zwei Stellen beschränkt)! Und auf dem falschen Dampfer obendrein, denn Plagiate sind falsch gesetze Belege meist nicht. Es stimmt, dass man so die laut Definition zur Vermeidung eines Plagiats dringend notwendige Belegpflicht nicht nachvollziehen kann, dennoch ist sehr offensichtlich von den Schreibenden verstanden worden, dass man belegen muss. Hat nur nicht geklappt, wie es sollte.
Sofern das nicht durchläufig in einem Text vorkommt und als pure Schlamperei erkennbar ist, ist eine massive Bestrafung dieses „Vergehens“ meiner Meinung nach nicht notwendig und ziemlich kontraproduktiv. Häufig kommt es durch Überkompensation dann zu Falschzitat Typ 1, dem Überzitieren, es wurde also falsch mit falsch getauscht. Nicht so sinnvoll!
Meist passieren diese Zitierfehler beim (zu hastigem) Überarbeiten von Texten, zum Beispiel: Eine Zeile wird gelöscht, doch die Zitate verbleiben im Text, weil man nach einigen Tagen nicht mehr genau weiss, was das war, kommen die Teile einfach an die vorhergehende Zeile dran; oder man notiert sich einen Inhalt, darunter das Zitat, gebraucht es anschliessend aber doch nicht und löscht irrtümlich nur den Inhalt, usw.
Falschzitat Typ 4 – Am Ende eines Absatzes oder Kapitels zitieren
Wer sich ein wenig mit Argumentationstechniken und „paragraph design“ beschäftigt wird schnell einsehen, dass die Enden von Absätzen oder Kapiteln essentielle Stellen eines Textes sind. Alles, was Sie zuvor an Argumenten und Beispielen, Fakten, Meinungen und Gegenmeinungen bringen, wird genau hier zu einer Conclusio (oder Deduktion etc.) zusammengeführt.
Hier ist IHRE Ansicht gefragt, und zwar NUR IHRE Ansicht! Zitate an dieser Stelle lenken von Ihrer Argumentation ab und belegen im schlechtesten Falle auch, dass Sie sich doch nicht so gut mit dem Thema und den gezeigten Zitaten auseinandergesetzt haben. Vermeiden Sie Zitate in diesen kritischen Bereichen unbedingt!
(Abb. “Why” von Katie Sayer @Flickr)
Warum wir zitieren
Das „Wie“ des Zitierens, also das Aussehen und die Handhabe der jeweiligen Zitierstile, ist meist hinlänglich bekannt und (wie ich schon häufig in meinem Blog angemerkt habe) wird es oft als einziger Aspekt des Zitierens genauestens besprochen. Doch nicht das „Warum“ (siehe auch das Buch „Why we quote” von Ruth Finnegan für einen umfassenden, historischen Abriss dazu).
Genau dadurch machen viele Schreibende jedoch solche Fehler wie oben beschrieben. Denn ansonsten wäre es glasklar, wie viel man zitiert und dass man eben nicht zu viel oder zu wenig hineinpackt, ein direktes Zitat unbedingt in den eigenen Text einbauen muss und dergleichen. Mein (wiederkehrender) Appell an die Lehrenden das mit zu vermitteln!
Wie handhaben Sie Ihre Zitierweise?
Wie häufig verwenden Sie direkte Zitate und wozu genau?
Kennen Sie weitere Falschzitate?
Artikel von Natascha Miljković, 5.4.2017
© aller Texte: Dr. in Natascha Miljković, Agentur Zitier-Weise, 2012-2017.
© Abbildungen: wie angegeben.
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